Herzogstraße 11
3500 Krems an der Donau
3500 Krems an der Donau
Funktion als Klosterhof gesichert
Erhaltungszustand
Bestand erhalten
Kloster oder Institution
Datierung
Zugänglichkeit
Der zweite für Krems greifbare Mondseer Hof liegt in der Innenstadt auf der S-Seite. der heutigen Herzogstraße (Hausnr. 11), mittig zw. Hafner- und Dreifaltigkeitsplatz und damit in einem städtischen Bereich, der seit dem Spätmittelalter eine überaus hohe Dichte an klösterlichen Lesehöfen aufwies: So grenzt er im O unmittelbar an den heute noch erhaltenen ehem. Lambacher Hof, nordwestl. davon befand sich, im Areal der heutigen Volksschule, der ehem. Goldenkroner Hof.
Das urspr. Grundstück des Mondseer Hofes erstreckte sich nach S bis zur Kurtine der Stadtbefestigung auf Höhe der Bauflucht des 2008 entstandenen Sene Cura-Sozialzentrums, für dessen Bau der südl. Abschluss des Ensembles weichen musste.
Andreas Steininger / Alarich Langendorf, "Mondseer Hof 2" (Lagebeschreibung) Wachauer Klosterhöfe Online 2023,
https://wachauer-klosterhoefe.at/klosterhof/1-mondseer-hof-2
Der folgende Passus in der Abschrift vom original Freybrief über den Closter Monseisch hof zu Crembs aus 1509 [...] Darumb haben wir Ir wieder derselben Gottshaus Mänse dageben Irn hoff bey uns in der Statt zw. des Gottshaus Lambach hoff und Georgen Teuffl unsers mit burger behausung am haffner plaz gelegen, soweit der jez verfangen und vormals ain Garten gewesen ist [...] (OÖLA, StiA Mondsee, Bd. 62, Nr. 1) legt nahe, dass der Hof, der in einem nicht erhaltenen Grundbuch des Bürgerspitals 1469 erstmals erwähnt wird, nach den Hussitenkriegen an dieser Stelle neu erbaut wurde. Der alte Hof außerhalb der Stadtmauer war wie alle anderen Gebäude vor den Stadtmauern angesichts der Hussitengefahr abgebrochen worden.
1469 wird er in einem Grundbuch des Bürgerspitals erwähnt: die von Mondsee von ihrem Hof am Lambacher Hof gelegen (StaA Krems, GB Bürgerspital 1546, fol. 6v; darin erwähnt: GB Bürgerspital 1469, fol. 21).
1789 wurde der Hof vom Kloster Mondsee durch öffentliche Versteigerung an den Fuhrmann Andre Höltzl und seine Frau Elisabeth verkauft (NÖLA, BG Krems 14/3, S. 104).
Helga Schönfellner-Lechner, "Mondseer Hof 2" (Besitzgeschichte) Wachauer Klosterhöfe Online 2023,
https://wachauer-klosterhoefe.at/klosterhof/1-mondseer-hof-2
Vom urspr. Hofgefüge hat sich das straßenseitige Hauptgebäude erhalten, wobei die am Franziszeischen Kataster noch erkennbare Sekundärbebauung im W und S der Parzelle vollständig abhandengekommen ist. Die heutige Verbauung entlang der östl. Parzellenmauer mit ebenerdigen Werkstätten ist erst im Zuge des 20. Jhs. entstanden.
Das an keiner Stelle unterkellerte, 6-achsige, 2-geschoßige und traufständige Hauptgebäude mit in der Fassadenflucht leicht zurückspringender, als Eckrisalit ausgebildeter Einfahrt, zeigt sich nach außen mit seinem rot getünchten Rieselputz und der markanten Rustikabänderung in einem im 20. Jh. stark überformten historistischen Erscheinungsbild, das lt. mündlicher Überlieferung des Eigentümers auf die letzten umfassenden Fassadenumgestaltungen um 1880 zurückzuführen ist. Aus dieser Phase dürften auch die erhaltenen Kastenstockfenster im Erd- und Obergeschoß stammen. Die erst in der 2. H. d. 20. Jhs. zu einem Attikageschoß aufgezonte hofseitige Außenmauer mündet straßenseitig in einen Mansarddachausbau mit blechverkleideten Gauben, in dem wie auch im 1. Obergeschoß Mietwohnungen untergebracht sind.
Das auffällige, rustizierte Korbbogenportal ist mit dem Jahr 1692 inschriftlich datiert und trägt neben der weiteren Inschrift M. A. C. M. (verm. Maurus Abbas Conventus Mondseensis) das Wappen des Mondseer Abtes Maurus Oberascher (Henne nach rechts, ein 4-sprossiges Rad haltend) am reliefierten Schlussstein (vgl. Englisch/Frühwirt/Geppert (Hg.) 1998, S. 70f). Bemerkenswert ist an dieser Stelle das gut erhaltene, mit Faltwerk sowie abstrahiertem Palmettendekor verzierte frühklassizistische 2-flügelige Holztor.
Im zum Hof hin offenen Einfahrtsbereich überspannt ein Kreuzgratgewölbe mit leicht aufgeputzten Graten aus dem 17. Jh. das Hauptgebäude und die westl. Grundstücksmauer. An der hofseitigen, glatt verputzten, gelb gefassten sowie durch ein einfaches Faschenband über dem Erdgeschoß gegliederten Fassade fallen nicht näher erkennbare, eingeputzte Werksteinspolien auf, die älteren Phasen zugehörige Fragmente von Fenster- oder Türgewänden darstellen könnten. Bis auf den 2-flügeligen Hauptzugang sind alle hofseitigen Öffnungen mit einem einfachen Faschendekor versehen. Trotz der Aufstockung im 20. Jh. hat sich an dieser Seite das historische Kranzgesims in der Westhälfte bis zum östl. anschließenden, rezent eingebauten Stahlbalkon erhalten.
Das Erdgeschoß gliedert sich westl. in 4 quadratische Räume gleicher Größe, die durch mittig platzierte Durchgänge in den verhältnismäßig starken Binnenmauern kreisförmig miteinander erschlossen sind. Von diesen Räumen ist der südwestl. weiter in Stiegenaufgang und 2 kleinere Kammern unterteilt. Östl. dieses Raumgefüges erstreckt sich entlang der Parzellenmauer über die gesamte Gebäudebreite bis zur Straße durchgehend ein einzelner tonnengewölbter Raum, der wie eine in den Bau inkorporierte ältere Einfahrtssituation anmutet. Alle weiteren Erdgeschoßräume weisen heute Flachdecken auf, wobei lt. Auskunft des Besitzers massive Umbauten und dabei vor allem das Einziehen von Betondecken im 20. Jh. das ältere Erscheinungsbild vollständig verunklären. Auffällig sind durch die mittleren Räume verlaufende Gurtbögen, die ehem. als Balkenunterzug oder aber als Teile von Platzlgewölben fungiert haben könnten.
Über die Einfahrt gelangt man in das 3-läufige, holzvertäfelte barocke Stiegenhaus, das neben den historischen Holzstufen auch noch 3 repräsentativ gestaltete Bogennischen im Bereich der kreuzgratgewölbten Podeste aufweist, die mglw. zur Aufstellung von Heiligenfiguren gedient haben könnten.
Das Obergeschoß ist durch mehrphasige Umgestaltungen des 19. Jhs. geprägt. Bereits vor 1850 muss die bis heute bestehende Aufteilung in 3 Wohneinheiten erfolgt sein, wie die Ausstattung der kleinteiligen Binnengliederung mit biedermeierzeitlichen Türen im gesamten Geschoß belegt. Vom, im Historismus mit einer verglasten Trennwand versehenen, Stiegenhaus gelangte man vor dem Zeitpunkt der Einbauten in einen Mittelflur, der ehem. zentral 2 Räume im S und O sowie 4 weitere im N erschloss.
Ein Teil der älteren Raumflucht blieb in der straßenseitigen H. des Obergeschoßes erhalten. So zeigt sich im gegenüber dem Aufgang gelegenen Raum eine überaus repräsentative Stuckdeckenausstattung mit dem Christogramm IHS in einem radialen Strahlenkranz, die stilistisch dem Frühklassizismus, also der Zeit um 1770 zuzuordnen ist. Der westl. daran anschließende Raum über der Einfahrt weist hingegen hochbarock veränderte Stichkappen des 17. Jhs. sowie eine bunte historistische Fensterverglasung auf, was in der mündlichen Überlieferung der letzten Jahrzehnte zur nicht näher begründeten Interpretation als Hofkapelle geführt hat. In den östlichsten, heute abgetrennten Räumen ist ein schmiedeeiserner Wandtresor mit klassizistischen Beschlägen erhalten, der mglw. Teil der Hofausstattung in der 2. H. d. 18. Jhs. gewesen sein könnte.
Ein wichtiges Indiz zur frühen baulichen Entwicklung des Hofes liefert schließlich ein Detail im südöstl. Raum des Obergeschoßes: Hier blieb ein in der Parzellenmauer des östl. benachbarten Lambacher Hofes eingesetztes, stark profiliertes Kreuzstockfenster aus der 2. H. d. 15. Jhs. erhalten, das an dieser Stelle mangels anderweitiger funktionaler Erklärung wohl primär verbaut worden sein muss. Daraus geht hervor, dass zumindest die östlichste Achse des Mondseer Hofes frühestens ab dem Ende d. 15. Jhs. verbaut worden sein kann.
Andreas Steininger / Alarich Langendorf, "Mondseer Hof 2" (Baubeschreibung) Wachauer Klosterhöfe Online 2023,
https://wachauer-klosterhoefe.at/klosterhof/1-mondseer-hof-2
Zwar konnten während der Begehungen keine dem Objekt zugehörigen mittelalterlichen Baubefunde festgestellt werden, doch bedingt das im Obergeschoß sichtbare Kreuzstockfenster des östl. Nachbargebäudes eine Entstehung des Hofes frühestens ab dem ausgehenden Spätmittelalter, was mit der archivalisch plausibel gemachten Theorie eines Neubaus nach den Hussitenkriegen in Zusammenhang gebracht werden kann. Mglw. bilden die in der Südfassade vermauerten Werksteinspolien die ältesten Überreste dieser frühesten Phase oder eines nicht näher greifbaren Vorgängergebäudes. Weitere Bauelemente aus dieser Zeit zeigten sich während der Begehungen nicht. Deutlich zeichnet sich hingegen der aufwändige Ausbau des 17. Jhs. ab, für den mit Abt Maurus Oberascher der wahrscheinliche Hauptinitiator überliefert ist. Die weitere Bauentwicklung des Objektes lässt sich im heutigen Zustand nur schwerlich ablesen, barocke und hochbarocke Stilelemente deuten jedenfalls auf eine kontinuierliche Bautätigkeit vom ausgehenden 17. bis in das 18. Jh. hinein hin. Bemerkenswert ist der Umstand, dass anhand der repräsentativen Bauflucht mit sakral konnotierter Stuckgestaltung noch in der 2. H. d. 18. Jhs. ein größerer Umbau seitens des Stiftes stattgefunden haben muss, relativ kurz bevor der Verkauf und damit die Aufgabe des Objektes als Klosterhof 1789 vollzogen wurde. Im 19. Jh. erfolgte schließlich der Umbau des Obergeschoßes zu mehreren Wohneinheiten. Um 1880 erfuhr das gesamte Gebäude eine historistische Erneuerung. Im 20. Jh. prägte die bis 2000 erfolgte Nutzung als Tischlerei durch die Fam. Geppert den Erdgeschoß- und Hofbereich.
Der Mondseerhof in der Herzogstraße bildet ein klares Beispiel für einen klösterlichen Lesehof, der tatsächlich nur sehr bedingt dem Prozess der Vinifikation gedient haben kann. Während im heute stark überformten Erdgeschoß gewisse wirtschaftliche Tätigkeiten und Lagerungen noch vorstellbar wären, zeigt sich das gesamte Ensemble insgesamt doch als für solche Zwecke zu kleinflächig. Aufgrund des völligen Fehlens von Kellern oder Souterraingeschoßen ist auch eine temperierte Lagerung von Weinbeständen auszuschließen. Viel eher sprechen die über die Jahrhunderte immer wieder ausgeführten repräsentativen Ausgestaltungen an der Fassade und im Obergeschoß wie bei vielen anderen, vor allem innerstädtischen Objekten, für die klösterliche Nutzung als Verwaltungssitz und/oder Residenz der Äbte oder eingesetzten Hofmeister des Stiftes Mondsee.
Andreas Steininger / Alarich Langendorf, "Mondseer Hof 2" (Bauhistorische Interpretation) Wachauer Klosterhöfe Online 2022,
https://wachauer-klosterhoefe.at/klosterhof/1-mondseer-hof-2
Der Archivbestand des Stiftes Mondsee befindet sich im oberösterreichischen Landesarchiv, die Urkunden Mondsees sind über Monasterium online einsehbar. Laut Schiffmann sind nur wenige Urbare überliefert: So blieb angeblich lediglich ein Teilurbar aus dem 12. Jh. und ein Gesamturbar von 1416 erhalten, wobei letzteres die Weingüter um Krems und Klosterneuburg laut Schiffmann nicht enthält (vgl. Schiffmann (Hg.) 1912, S. 192-193).
Dem Archivverzeichnis ist zu entnehmen, dass die Güter in Niederösterreich eine eigene Verzeichnungseinheit darstellten. Dieses Verwaltungsschriftgut bezieht sich neben dem Klosterneuburger Hofmeisteramt, v.a. auf das Kremser Hofmeisteramt. Die Rubrik „Besitz des Klosters“ enthält eine eigene Verzeichnungseinheit „Güter in Niederösterreich“, die etwas mehr als zwei Schachteln umfasst (OÖLA, StiA Mondsee, Bd. 53, Nr. 2 bis OÖLA, StiA Mondsee Bd. 55, Nr. 1). Es existiert zudem eine weitere Schachtel, die laut Regest lediglich Archivalien zu den Weingärten in Niederösterreich enthält (vgl. OÖLA, StiA Mondsee Bd. 62). Des Weiteren existiert unter der Rubrik „Finanzwesen“ die Verzeichnungseinheit „Weingartenrechnungen“. Darin enthalten sind sieben Schachteln allein mit Weinleserechnungen (vgl. OÖLA, StiA Mondsee, Bd. 148-154, Nr. 2), die den Zeitraum von 1589 bis 1765 umfassen.
NÖLA, BG Krems 14/3 GWB Bürgerspital 1769, S. 104: die von Mondsee von ihrem Hof am Lambacher Hof gelegen.
OÖLA, Bestand Mondsee, Bd. 62, Nr. 1.
StaA Krems, GB Bürgerspital 1546.
StaA Krems, GB Bürgerspital 1469.
Ernst Englisch / Hans Frühwirt / Ulf Geppert, Hg., Der Kremser Wein und die klösterlichen Lesehöfe, 2. Auflage, Krems an der Donau 1998.
Konrad Schiffmann, Hg., Die Mittelalterlichen Stiftsurbare des Erzherzogtums Österreich ob der Enns, Bd. 1: Lambach, Mondsee, Ranshofen und Traunkirchen, Wien / Leipzig 1912.