Klosterhöfe

Kremsmünsterer Hof 1
© Andreas Steininger, 2022

Kremsmünsterer Hof 1

Funktion als Klosterhof gesichert

Kremsmünsterer Hof 1
© Andreas Steininger, 2022

Erhaltungszustand

Bestand erhalten

Kloster oder Institution

Zugehörigkeit:

Datierung

Historisch
1220 gesichert – 1683 angenommen
Bauhistorisch
? – ?
Die Laufzeit der klösterlichen Nutzung anhand historischer oder bauhistorischer Daten.

Zugänglichkeit

Kein Zugang

Das Objekt ist für die Öffentlichkeit nicht zugänglich

Verortung

Lagebeschreibung

Der ehem. Hof des Stiftes Kremsmünster liegt mit der Adresse Melker Straße 6 ca. 90 m südl. der Pfarrkirche zum Hl. Stephanus im westl. Bereich des ehem. römischen Kastells. Vor der O-Fassade des Hofes wird die ansonsten schmale Melker Straße durch einen Platz in Form eines gleichschenkeligen Dreiecks geöffnet. Dadurch erhält die Fassade des Kremsmünsterer Hofes eine prominente Rolle im Stadtbild, da die St. Pöltner Straße unmittelbar auf ebendieses zuführt, ehe sie zur Melker Straße bzw. nach einer Kehre nach N zur Kremser Straße wird.

Alarich Langendorf / Andreas Steininger, "Kremsmünsterer Hof 1" (Lagebeschreibung) Wachauer Klosterhöfe Online 2022,
https://wachauer-klosterhoefe.at/klosterhof/116-kremsmunsterer-hof-1

Historische Daten

Besitzgeschichte

Das 1. Mal explizit erwähnt wurde der Hof des Stiftes Kremsmünster in Mautern im Jahr 1220, als Bischof Ulrich von Passau mittels Urkunde ewigen Verzicht auf die Steuererhebung von diesem Hof erklärte (vgl. StiA Kremsmünster, 1220 April 24). Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass dieser Hof in Mautern bereits deutlich früher in den Besitz Kremsmünsters kam. Lt. Pitschmann sei Mautern bereits im 9. Jh. Ausgangspunkt und Zentrum der Ausbreitung Kremsmünsters in NÖ gewesen (vgl. Pitschmann 2001, S. 191). Die Urbare des Klosters geben keinerlei Auskunft über den Hof, das Haupturbar von 1299 beispielsweise enthält lediglich eine Aufzählung der Bergrechte, die zwar nahelegen, dass das Stift in Krems, Mautern und Horn Weingartenbesitz hatte, jedoch werden Höfe oder Häuser in diesem Gebiet nicht aufgezählt (vgl. OÖLA, StiA Kremsmünster, Hs. 1, Haupturbar 1299).

Erneut urk. fassbar wird der Hof am 23.11.1407, als der Richter von Mautern, Lienhart Forster, den Schiedsspruch des Bischofs Georg von Passau bestätigte. Der Bischof hatte dabei auf die Klage des Abtes Hermann von Kremsmünster reagiert, die sich gegen Mert und Dorothea Drechsel aus Joching richtete, da diese den ihnen überlassenen Hof in Mautern nicht zum Wohle des Stiftes genützt und diesem dadurch Schaden zugeführt hätten. Sie sollen daher von nun an ihrer Pflicht nachkommen und den Hof zum Vorteil des Stiftes nutzen (vgl. StiA Kremsmünster, 1407 Nov 23). Am 28.6.1423 gibt Margareth, die Witwe Peter Hartliebers, den Hof des Klosters Kremsmünster mit allen Rechten und Zugehörigkeiten an Konvent und Abt zurück und erklärt, dass sie damit kein Recht mehr auf diesen Hof habe (vgl. StiA Kremsmünster, 1423 Juni 28).


Wie lange sich dieser Hof im Besitz des Stiftes Kremsmünster befand, konnte bislang noch nicht mittels Verkaufs- oder Wechselbriefes fundiert nachgewiesen werden. Allerdings handelt es sich bei obiger Urkunde von 1423 um die letzte urk. Erwähnung des Hofes, parallel dazu enthält das Haupturbar aus dem Jahr 1426 einen Hinweis auf eine Hofstatt zu Krems, nicht aber in Bezug auf Mautern (vgl. OÖLA, StiA Kremsmünster, Hs. 3, Haupturbar 1426). Ein Ausgabenverzeichnis aus dem Jahr 1693, in dem die Arbeiten an den Weingärten notiert wurden, stammt von Matthias Grell Weinziedl zu Mauttern (StiA Kremsmünster, F 16 Krems Stein, Fasz. 4). Damit ist zumindest Weingartenbesitz Kremsmünsters in Mautern auch für das 17. Jh. bestätigt. Grundsätzlich kann jedoch davon ausgegangen werden, dass auch im 17. Jh. noch ein Hof in Mautern bestanden haben muss, da für diesen Zeitraum noch Hofmeister in Mautern fassbar sind (vgl. StiA Kremsmünster, F 15 Krems Stein, Fasz. 1). Ob es sich dabei aber um den Verwalter des Hofes in der heutigen Melker Straße handelte, lässt sich nicht eruieren. Auch der vorläufige Kaufvertrag des kremsmünsterischen Hauses und Hofes in Mautern, geschlossen zw. dem Stift Kremsmünster als Verkäufer und Tobias Zeller aus St. Laurenz als Käufer, kann nicht explizit diesem Hof zugeschrieben werden. Falls es sich dabei um diesen Hof handelte, so wurde dieser um das Jahr 1686 für 600 Gulden an den passauischen Untertanen Zeller verkauft (vgl. StiA Kremsmünster, F 15 Krems Stein, Fasz. 7).

Simon Kuhn, "Kremsmünsterer Hof 1" (Besitzgeschichte) Wachauer Klosterhöfe Online 2023,
https://wachauer-klosterhoefe.at/klosterhof/116-kremsmunsterer-hof-1

Wirtschaftsgeschichte

Über die Ökonomie und Infrastruktur des Hofes kann bis dato nur wenig ausgesagt werden. Am 19.3.1413 bestätigte Friedrich der Slegel, Richter der Stadt Mautern, dass Abt Hermann und der Konvent des Klosters Kremsmünster ihm und seiner Frau das von ihnen bewohnte Haus auf klösterlichem Grund, nämlich im Garten des klösterlichen Lesehofes zu Mautern, gegen die Leistung jährlicher Abgaben, zur Verwendung überlassen haben (vgl. StiA Kremsmünster, 1413 März 19). Diese Beschreibungen ermöglichen genauere Einblicke in die Beschaffenheit des Hofareals, das offensichtlich auch einen Garten und ein weiteres Haus beinhaltete. Ob jedoch der Hof eine Presse beinhaltete und ob er neben seiner wirtschaftlichen Funktion auch repräsentative Funktionen innehatte, kann zum derzeitigen Zeitpunkt nicht geklärt werden.

Simon Kuhn, "Kremsmünsterer Hof 1" (Wirtschaftsgeschichte) Wachauer Klosterhöfe Online 2023,
https://wachauer-klosterhoefe.at/klosterhof/116-kremsmunsterer-hof-1

Gebäude und Bauhistorie

Baubeschreibung

Die Baubeschreibung des Kremsmünsterer Hofes basiert auf Sichtungen der öffentlich einsehbaren Gebäudeteile (wie der straßenseitigen Fassaden) und allgemein zugänglichem Karten- und Bildmaterial. Eine Begehung bzw. Besichtigung des Objekts im Rahmen des Projekts fand bis dato nicht statt.

Die Anlage setzt sich aus einem ca. 30 m langen S-Trakt entlang der Melker Straße sowie einem N-S orientierten O-Trakt zum Platz östl. des Baukomplexes zusammen; im N des O-Traktes ragt ein weiterer kleiner Trakt O-W orientiert ca. 7 m in den Innenhof. Alle Trakte sind 2-stöckig ausgeführt und tragen ein vereinheitlichtes Walmdach. Während die Außenfassaden des Hofes dessen gewachsene Bausubstanz zeigen, ist der Charakter des Hofbereichs durch unsensible Um- und Zubauten schwer in Mitleidenschaft gezogen worden.

Die O-Fassade des O-Trakts weist ca. in der Mitte eine von einem Segmentbogen mit leerer Wappenkartusche überspannte Einfahrt in den Innenhof auf. Über dieser prangt ein geschlossener Verbau, der einen ehem. vorhandenen Balkon ästhetisch äußerst anspruchslos ersetzt. Das Obergeschoß zeigt eine Eckquaderung, nördl. und südl. der Durchfahrt liegt je ein über beide Geschoße reichender Pilaster. Das Erdgeschoß weist über einer glatten Sockelzone stark profilierte, rustizierende Quader sowie je ein Fenster nördl. und südl. der Durchfahrt auf, die mehrfach profilierte Gewände sowie Löwenprotome in den Keilsteinen besitzen. Zw. 2 mehrfach profilierten Gesimsen leitet eine ca. 0,5 m hohe, glatt verputzte Zone zum Obergeschoß über. In dieser Zone liegen die Konsolen der Obergeschoßfenster, welche geschwungen sind und u.a. Regulae und Guttae aufweisen; die Sohlbänke sind in das obere Gesims eingebunden. Nördl. der Durchfahrt sind im Obergeschoß 2 Fenster situiert, südl. tritt entsprechend der Achse des Erdgeschoßes eines auf. Die Fenstergewände entsprechen jenen des Erdgeschoßes, die Fensterverdachungen sind profiliert und tragen eine Eierstableiste. Die Nullflächen des Obergeschoßes zeigen erneut Quader, wobei diese im Gegensatz zu jenen des Erdgeschoßes nicht so plastisch ausgeführt, sondern nur durch eine Fuge angedeutet sind. Die Kapitelle der beiden das Tor flankierenden Pilaster sind in ein abschließendes Gesims eingebettet, das die Konsolen des, das Gebäude nach oben hin, abschließenden Gebälks trägt.

Die S-Fassade zur Melker Straße ist über einer Sockelzone glatt verputzt und weist 7 Fensterachsen auf, wobei die westlichste Fensteröffnung des Erdgeschoßes als 2-flügelige Tür mit Oberlichte ausgestaltet ist. Die Fenster des Erdgeschoßes besitzen keine Gestaltungselemente, während jene des Obergeschoßes einfach profilierte Gewände und Sohlbänke zeigen. Die beiden Geschoße werden durch ein mehrfach profiliertes Kordonband voneinander getrennt, nach oben hin wird die Fassade von einem Gesims abgeschlossen. Sämtliche Nullflächen der O- und S-Fassade sind heute lachsfarben getüncht, Gestaltungs- und Gliederungselemente sind weiß gefasst.

Die Durchfahrt von der O-Fassade in den Innenhof weist ein Tonnengewölbe mit Stichkappen auf, auch die übrigen Räume des Erdgeschoßes sind gewölbt und tlw. unterkellert.

Alarich Langendorf / Andreas Steininger, "Kremsmünsterer Hof 1" (Baubeschreibung) Wachauer Klosterhöfe Online 2023,
https://wachauer-klosterhoefe.at/klosterhof/116-kremsmunsterer-hof-1

Bauhistorische Interpretation

Von April bis Dezember 2007 fanden im Zuge der Umbauarbeiten des Kremsmünsterer Hofes archäologische Grabungen durch den Verein ASINOE statt, durch die archäologische Funde von der Frühbronzezeit bis in die Neuzeit dokumentiert werden konnten. Von besonderer Relevanz für die Stadt Mautern waren dabei die Befunde des römischen Kastells, dessen Innenbebauung nun deutlicher erfasst werden konnte. Eine bauhistorische Untersuchung des aufgehenden Mauerwerks des Kremsmünsterer Hofes blieb bis dato aus, sodass keine gesicherten Aussagen zum Baualter und zur Baugenese des 1407 erstmals archivalisch als im Besitz des Stiftes Kremsmünster fassbaren Hofes getätigt werden können.

Am Franziszeischen Kataster (Mappenblatt von 1821 vgl. NÖLA, FK Mappen OW 314, fol. 3) ist der Hof bereits in seiner heutigen Ausdehnung dargestellt, mit einem heute abgekommenen Baukörper im NW der Parzelle. Unmittelbar südwestl. des Kremsmünsterer Hofes lag bis 1877 das Melkertor, das auf ein römisches Lagertor zurückgehen dürfte. 1878 wird nordwestl. des ehem. Tores das sog. Arzthaus im Stil des Späthistorismus von Josef Utz d. Ä. errichtet, um 1890 erhielt auch der Kremsmünsterer Hof eine Fassade im Stil der Gründerzeit. Dabei wurde die O-Fassade als Schauseite gewählt und dementsprechend ausgestaltet, während die S-Fassade zur engen Melker Straße ungeschmückt verblieb. Das heutige Erscheinungsbild des Hofes entstand also zu einem Zeitpunkt, als der Hof schon lange nicht mehr im Besitz von Kremsmünster stand.

Bis in das 17. Jh. verblieb der Hof im Besitz von Kremsmünster, auch in den folgenden Jahrzehnten und Jahrhunderten wurde das große Hofareal weiterhin wirtschaftlich genutzt. Ab dem späten 19. Jh. wurde in den Gebäuden bis zum Beginn des 21. Jhs. Essig produziert, sodass der Kremsmünsterer Hof seitdem auch unter dem Namen „Essigfabrik“ weitläufig bekannt ist.

Die gravierendsten Umbauten am Kremsmünsterer Hof fanden 2009 statt, als das Areal zu Wohnzwecken umgestaltet wurde. Im Zuge dieser Arbeiten wurden dem N-Trakt im Hofbereich nach W Wohneinheiten angefügt, ebenso wurde die bis dato freie Fläche zw. Melker Straße 6 und 8 nachteilig verbaut, da auch das sog. Arzthaus in die Umnutzung miteinbezogen wurde.

Alarich Langendorf / Andreas Steininger, "Kremsmünsterer Hof 1" (Bauhistorische Interpretation) Wachauer Klosterhöfe Online 2023,
https://wachauer-klosterhoefe.at/klosterhof/116-kremsmunsterer-hof-1

Quellen und Literatur

Quellen

Der Bestand „StiA Kremsmünster“ des OÖLA enthält lediglich Digitalisate. Dabei ist anzumerken, dass nur wenig Relevantes vorhanden ist. Zwar ist eine Vielzahl an unterschiedlichen Urbaren und Grundbüchern vorhanden, diese geben allerdings nur selten Auskunft über die Lesehöfe, sondern behandeln eher den Weingartenbesitz. Bei diesem Bestand handelt es sich also nur um eine Auswahl, die eindeutig mit dem Fokus auf OÖ getroffen wurde. Das StiA Kremsmünster selbst enthält 4 Schachteln mit der Aufschrift „Krems Stein“ sowie div. Schachteln das Kelleramt betreffend. Letzterer Bestand wurde aus Zeitgründen und der geringen Wahrscheinlichkeit, darin relevante Quellen zu finden, nicht mehr durchgesehen. Archivalien zu Mautern sind deutlich unterrepräsentiert.

Historische Literatur

OÖLA, StiA Kremsmünster, Hs. 1, Haupturbar mit Kopial- und Lehenbuch 1299 (Codex Fridericanus major). OÖLA, Stiftsarchiv Kremsmünster, Stift Kremsmünster, Hs. 3, Haupturbar 1426. StiA Kremsmünster, F 15 Krems Stein, Fasz. 1. StiA Kremsmünster, F 15 Krems Stein, Fasz. 7. StiA Kremsmünster, F 16 Krems Stein, Fasz. 4. StiA-Kremsmünster, 1220 April 24, online unter: monasterium.net, https://www.monasterium.net/mom/AT-StiAKr/KremsmuensterOSB/1220IV24/charter?q StiA Kremsmünster, 1407 Nov 23, online unter: monasterium.net, https://www.monasterium.net/mom/AT-StiAKr/KremsmuensterOSB/1407XI23/charter?q StiA Kremsmünster, 1413 März 19, online unter: monasterium.net, https://www.monasterium.net/mom/AT-StiAKr/KremsmuensterOSB/1413III19/charter?q StiA Kremsmünster, 1423 Juni 28, online unter: monasterium.net, https://www.monasterium.net/mom/AT-StiAKr/KremsmuensterOSB/1423VI28/charter?q


Benedikt Pitschmann, Kremsmünster, in: Ulrich Faust / Waltraud Krassnig, Hg., Die benediktinischen Mönchs- und Nonnenklöster in Österreich und Südtirol, Teilband 2, St. Ottilien 2001, S. 163-252.

Bauhistorische/archäologische Literatur

NÖLA, FK Mappen OW 314.