Klosterhöfe

Florianihof 1
© Michaela Löffler, 2021

Florianihof 1

Funktion als Klosterhof gesichert

Florianihof 1
© Michaela Löffler, 2021

Erhaltungszustand

Bestand erhalten

Kloster oder Institution

Zugehörigkeit:

Datierung

Historisch
1304 angenommen – 1820 angenommen
Bauhistorisch
1300 angenommen – 1800 angenommen
Die Laufzeit der klösterlichen Nutzung anhand historischer oder bauhistorischer Daten.

Zugänglichkeit

Kein Zugang

Das Objekt ist für die Öffentlichkeit nicht zugänglich

Verortung

Lagebeschreibung

Der ehem. Lesehof des oberösterreichischen Augustiner-Chorherrenstiftes St. Florian erstreckt sich in Wösendorf am O-Ende des Marktes nahe dem Donauufer in markanter Lage an der östl. Ortseinfahrt, etwa 130 m vom Ortskern entfernt. Die erhaltenen Besitzungen des Stiftes umfassen an dieser Stelle einen Kastenbau als Hauptgebäude (Nr. 74) und einen Hof (Nr. 2), die an der Hauptstraße einander gegenüberstehen.

Beide Objekte konnten im Zuge des Projektes weitgehend vollständig begangen werden und sind aufgrund ihrer jeweils in sich abgeschlossenen Baustruktur separat beschrieben: Der vorliegende Eintrag widmet sich dem südl. Hauptgebäude Nr. 74, zum nördl. Objekt Nr. 2 s. 19192 Florianihof 2.


Alarich Langendorf / Andreas Steininger, "Florianihof 1" (Lagebeschreibung) Wachauer Klosterhöfe Online 2023,
https://wachauer-klosterhoefe.at/klosterhof/16-florianihof-1

Historische Daten

Besitzgeschichte

Der Lesehof des Klosters St. Florian – verm. in der Hauptstr. Nr. 74 (vgl. BDA (Hg.) 1990, S. 1305) – wird das 1. Mal im Jahr 1302 urk. erwähnt, der zuvor im Besitz des Wolfreuter gewesen sein dürfte (vgl. StiA St. Florian, 1302 Nov 10). Weingartenbesitz hatte das Kloster in Wösendorf jedoch bereits spätestens ab dem Jahr 1242. Diesen vermachte Heinrich von Puchheim dem Kloster St. Florian, das im Gegenzug für dessen Beisetzung in der St. Ägidiuskirche zu Vöcklabruck aufkommen müsse (vgl. StiA St. Florian, 1242 April 15). Jene Weingärten lagen der Urkunde nach in der Wachaw in villa, que Wesendorf vocatur (StiA St. Florian, 1242 April 15), wobei mit dem Begriff „villa“ ein Landhaus, Landgut oder Meierhof bez. werden kann (vgl. Sleumer 2020, S. 822). Dies ist insofern interessant, als der Originaltext eher nicht darauf schließen lässt, dass mit „villa“ in diesem Fall ein Gebäude bez. wird – jedenfalls wird dieses nicht explizit erwähnt. Vor allem, da in der Aufzählung der Schenkungen auch der Begriff villicatio (StiA St. Florian, 1242 April 15) verwendet wird, der die „Verwaltung eines Landgutes“ (Sleumer 2020, S. 822) meint, womit unter diesem Begriff wahrscheinlich eher ein einzelnes Gebäude zu verstehen ist, während mit „Landgut“ das Gebäude und der dazugehörige Grundbesitz bez. wird (vgl. AWG (Hg.) o. J., Artikel „landgut“). Ob mit der Urkunde von 1242 ‚nur‘ der Weingarten geschenkt wurde, der in der Ortschaft Wösendorf lag, oder ob hiermit ein Teil jener villa, que Wesendorf vocatur (StiA St. Florian, 1242 April 15) – zu Deutsch: „Landgut, das Wösendorf genannt wird“ – geschenkt wurde, der evtl. auch eine Art Gebäude miteinschloss, kann nicht geklärt werden.

In der 1. H. d. 14. Jhs. erwarb das Kloster St. Florian zahlreiche Gülten in Wösendorf durch Tausch; 1313 2 Häuser in Wösendorf gegen eine Mühle und ein Feld in Mühlbach (vgl. StiA St. Florian, 1313 Feb 02). In der Reversurkunde werden diese beiden nunmehr Florianischen Häuser als gegen irm haus vber ligent (StiA St. Florian, 1314 Feb 24) beschrieben, wobei dies bedeuten würde, dass diese später zum Pfarrhof umfunktioniert wurden, der sich lt. Dehio im Haus Nr. 2 befand (vgl. BDA (Hg.) 1990, S. 1306), unmittelbar gegenüber dem Florianer Lesehof mit der Hausnr. 74. 1327 erwarb das Kloster einen Weinberg von Johann von Kuenring (vgl. StiA St. Florian, 1327 Okt 13). 2 Urbare aus der 2. H. d. 14. Jhs. weisen die Burgrechtseinnahmen des Stiftes St. Florian von seinen Besitzungen in Wösendorf aus, darunter 3 Häuser und 5 Weingärten. Jene Abgaben waren an den Florianer Hof in Wösendorf zu leisten (Schiffmann (Hg.) 1915, S. 180), während die Abgaben von den zahlreichen Kremser Weingärten verm. in den dortigen Hof zu entrichten waren. Erneut erwähnt wird der Hof in einer Urkunde, mittels derer der Kauf des Zehents auf einen Baumgarten durch das Stift St. Florian festgehalten wird. Der Baumgarten dürfte unmittelbar neben dem Lesehof a. d. Donau – pei der Tuenaw ze nechst Florianer hof – gelegen haben (vgl. StiA St. Florian, 1342 Mai 30).

Eine Aufstellung der Florianer Weingärten in Krems, Kritzendorf, Königstetten und in der Wachau nennt in Wösendorf neben den Weingärten außerdem einen Hofmeister in Wösendorf, der auch als Korherr zu Wesenkirchn bez. wird (vgl. StiA St. Florian, 1513–1515, S. 12r), wobei unklar bleibt, was mit letzterer Beifügung gemeint sein kann. Die darin aufgelisteten Abgaben waren an Irn Kastn vnd hof jarlich zuedie[nen] (StiA St. Florian, 1513–1515, S. 13v), also jährlich in den Florianer Hof und Kasten zu entrichten. Der Regest eines Schreibens vom Ende des 16. Jhs. legt nahe, dass das Kloster in diesem Zeitraum mehrere Baumaßnahmen durchführen ließ. Neben Bauten am Stift selbst wird auch Wösendorf aufgeführt, allerdings ohne nähere Angaben, worin diese Baumaßnahmen bestanden. Der Florianische Probst rechtfertigte sich mit diesem Schreiben und seiner Aufstellung vor den Klosterräten, die ihm vorwarfen, das kaiserliche Anleihen in der Höhe von 6.000 Gulden nicht schon seit langem abbezahlt zu haben (vgl. StiA St. Florian, 1595 Dez 29).

Für die folgenden Jh. gestaltet sich die Archivsituation etwas schwieriger, sodass der Hof erst wieder im Jahr 1736 in einer 147-seitigen Beschreibung der Stiftsweingärten in Kritzendorf, Königstetten, Krems und in der Wachau erwähnt wird (vgl. StiA St. Florian, 1736 Dez 31). Über den späteren Verbleib des Hofes können zum derzeitigen Forschungsstand nur wenige Aussagen gemacht werden. Spätestens 1823 trat das Stift St. Florian nicht mehr als Grundstücks- oder Gebäudeeigentümer in Wösendorf auf, der Hof war lt. FK zu diesem Zeitpunkt Pfarrhof (vgl. NÖLA, FK Prot OM 807, fol. 5). Die über Archivalien des Marktarchives Weißenkirchen greifbaren Florianischen Hofmeister in Wösendorf reichen lt. Korner lediglich bis 1770 (vgl. Korner 2013, S. 53).

Simon Kuhn, "Florianihof 1" (Besitzgeschichte) Wachauer Klosterhöfe Online 2023,
https://wachauer-klosterhoefe.at/klosterhof/16-florianihof-1

Wirtschaftsgeschichte

Hinsichtlich der Ökonomie und Infrastruktur zum Florianer Lesehof gibt lediglich die bereits erwähnte Weingartenbeschreibung Auskunft, die auch eine kurze Notiz zum Hof selbst enthält, allerdings erneut Fragen aufwirft: Der sog. Weingartts Hof bestehe demnach aus 3 Teilen, einerseits dem Hof – Wohnsitz des Hofmeisters –, der lt. Beschreibung 1314 mit Reichhardt von Rännä eingetauscht worden war, dem Casten, und einer Prandtstatt, die Thoman Weinbergk Prandstatt genannt, die zum damaligen Zeitpunkt (Dez. 1736) die Stallungen beherbergte (vgl. StiA St. Florian, 1736 Dez 31, S. 114). Die Beschreibung rekurriert hier offensichtlich auf die bereits zitierte Tauschurkunde, allerdings ohne den Verweis darauf, dass es sich bei den Tauschobjekten urspr. um 2 Häuser gehandelt hatte (StiA St. Florian, 1314 Feb 24). Zudem würde dies erneut infrage stellen, ob Nr. 74 tatsächlich der Lesehof war, der womöglich bereits 1302 mit jener Urkunde von Leutold von Kuenring erwähnt worden war (vgl. StiA St. Florian, 1302 Nov 10), da sich das Wohngebäude – zumindest anno 1736 – offensichtlich in den 1314 eingetauschten Häusern befand (vgl. StiA St. Florian, 1736 Dez 31, S. 114). Damit kann zwar einerseits davon ausgegangen werden, dass der Lesehof ein größeres Areal umfasste und sich aus mehreren Gebäuden zusammensetzte; offen bleibt allerdings, welche Funktion dieser Hof (Nr. 74) hatte bzw. ab wann die eingetauschten Häuser zum Wohnsitz des Hofmeisters wurden. Sie können diese Funktion erst etwas später übernommen haben, da sie erst 10 Jahre später im Besitz des Stiftes waren. Interessant scheint zudem die Erkenntnis, dass 1823 beide Höfe (Nr. 74 und Nr. 2) im FK als Pfarrhof verzeichnet waren (vgl. NÖLA, FK Prot OM 807, Fol. 2 und 5), damit verschwimmt die in der Literatur gezogene Trennlinie noch mehr. Angesichts dieser zahlreichen Unsicherheiten wird die Notwendigkeit einer eingehenderen und umfassenderen Archivarbeit immer offenbarer.

Simon Kuhn, "Florianihof 1" (Wirtschaftsgeschichte) Wachauer Klosterhöfe Online 2023,
https://wachauer-klosterhoefe.at/klosterhof/16-florianihof-1

Gebäude und Bauhistorie

Baubeschreibung

Das Hauptgebäude des einstigen Florianer Hofensembles in Wösendorf bildete das Objekt südl. der Hauptstraße, welches lt. Franziszeischem Kataster (Mappenblatt von 1823) ehem. direkt an das Donauufer angrenzte, durch den Bau der Wachaustraße heute aber ca. 30 m von diesem entfernt liegt. Auf der hist. Katasterdarstellung ist zudem eine eng an der O-Fassade verlaufende Grundstücksmauer zu erkennen, die einen östl. Durchgang zu einem ehem. kleinflächigen Garten erahnen lässt, heute aber nicht mehr erhalten ist bzw. der Einfassung des rezenten, weiter gefassten Gartens weichen musste.

Das Gebäude bildet einen freistehenden 2-geschoßigen Kastenbau mit Walmdach, der 3 Achsen an seiner Schmalseite sowie 7 Achsen an der nördl. und 9 Achsen an der südl. Längsseite aufweist. Die Fassadengestaltung zeigt sich heute hellrot-rosa getüncht mit einer einfachen Faschenrahmung und ist durch ein profiliertes Kranzgesims sowie im Obergeschoß durch Werksteinrahmungen der Fenster aus dem späten 17. Jh. akzentuiert. Letztere weisen verkröpfte Ohren mit Guttae sowie gerade, stark ausladende Verdachungen auf. An der N-Fassade kragt ein zentraler Treppenturm in den Straßenraum hinaus, in dem ein Erdgeschoßportal mit zu den Fenstern analoger Rahmung eingelassen ist. Über diesem ruht auf Konsolen mit Rosettendekor ein gesprengter Bogengiebel, der das skulptierte Wappen des Stiftes St. Florian umfasst. Im O der N-Fassade wurde zu einem unbekannten Zeitpunkt eine aus dem 13./14. Jh. stammende Grabplatte mit geritztem Kreuz eingemauert (Dehio NÖ N Bd. 6, S. 1307).

Das Erdgeschoß besitzt lediglich donauseitig steingerahmte, liegende Rechteckfenster, die wie die segmentbogigen weiten Öffnungen im Osten erst im Zuge der jüngsten Umbauten in den 1960er Jahren ausgebrochen worden sein dürften. Im W weist hingegen ein weites, breit gefastes Spitzbogenportal als bis heute genutzter Zugang auf spätmittelalterlichen Bestand. Dieser zeigt sich auch im Obergeschoß an der N-Fassade in Form von 2 freigelegten verstäbten Spitzbogenfenstern aus der 1. H. d. 14. Jhs. (Eppel 1968, 34), die auf einer Zwischenebene deutlich unter dem heutigen Obergeschoßniveau eine frühneuzeitliche Erhöhung der Geschoßebene belegen.

Das Erdgeschoß des Kastenbaus ist innen als durchgehende 2-schiffige, 4-jochige Pfeilerhalle gestaltet, der im O und W eine wahrsch. jüngere Binnenverbauung eingestellt wurde. Eine mit spitzbogiger, profilierter Rahmung versehene Wandnische könnte sich als Rest der spätmittelalterlichen Gestaltung erhalten haben, während das Ziegelgewölbe weit gespannte frühbarocke Stichkappen aufweist, die später teilweise zu hochbarocken Formen ausgeschlagen wurden.

Über eine Spindeltreppe im Fassadenturm gelangt man in das Obergeschoß, wo durch einen zentralen Rechteck-Saal die repräsentativ ausgestatteten Räume erschlossen sind. Die Decke des mittigen Verbindungs-Raumes weist hochbarocken Stuckdekor mit Spiegeln und Bandelwerk auf, der im 20. Jh. durch einen, auf die N-Mauer aufgesetzten Stahlträger gestört wurde. Als weitere Ausstattungselemente haben sich hier neben dem historischen Solnhofener Bodenbelag die schmiedeeiserne Treppenbrüstung mit Tor (das Schloss weist die Initialen J P G auf) sowie die geohrten Granit-Türrahmungen erhalten. Im W und O erstrecken sich jeweils zwei Raumachsen, zwischen die sich im N zwei rezent überprägte Zwischenräume fügen. Die aufwändigste Ausgestaltung weist der 3-achsige Saal im SO auf, wobei hier mit einer Stuckdecke samt überreichem Akanthusdekor aus dem E. d. 17. Jhs. und klassizistischen Holz-Türrahmungen sowie Wandmalereien um 1800 mit Girlanden-, Rosetten- und Architekturmotiven zwei Gestaltungsphasen aufeinandertreffen. Auch der hist. Dielenboden ist in diesem Raum, bis auf einzelne Fehlstellen, vollständig erhalten. Die südl. daran anschließenden 1- bis 2-achsigen Räume weisen im O eine Flachdecke mit Stuckfeldern und vegetabilem Dekor samt zentralem Auge-Gottes-Gemälde sowie im W ein Kreuzgratgewölbe mit Girlanden- und Rosenzweig-versehenen Stuckfeldern aus dem sp. 18. Jh. auf.

Die Räume östl. des zentralen Erschließungsraumes sind eine ähnlich aufgeteilt wie jene im W, wobei der Dekor des südwestl. Saales vergleichsweise zurückgenommenen Akanthusdekor auf Stuckfeldern aus d. E. d. 17. Jhs. zeigt.

Aufwändig gestaltete klassizistische Kachelöfen runden den bis heute ausgesprochen gut erhaltenen Bestand des Obergeschoßes ab.


Alarich Langendorf / Andreas Steininger, "Florianihof 1" (Baubeschreibung) Wachauer Klosterhöfe Online 2023,
https://wachauer-klosterhoefe.at/klosterhof/16-florianihof-1

Bauhistorische Interpretation

Seit wann der hier beschriebene Bau im Besitz des Stiftes St. Florians stand ist bis dato nicht restlos zu klären, jedenfalls korrespondieren Teile der Bausubstanz mit der frühesten urkundlichen Erwähnung zu Beginn des 14. Jhs. (vgl. historische Bearbeitung). So lässt sich Als früheste erhaltene Bauphase anhand der heute freigelegten spätmittelalterlichen Tor- und Fenster-Werksteinrahmungen an der N- und W-Fassade ein ab dem 14. Jh. bestehender, 2-geschoßiger spätmittelalterlicher Bau rekonstruieren, der aufgrund der räumlichen Limitierung durch die Donau im S über eine dem heutigen Baukörper entsprechende Erstreckung verfügt haben muss. Während im Baubestand sich keine weiteren Hinweise zu diesem ablesen lassen, zeugen vereinzelte historische Quellen von dessen Nutzung. So nennt eine für die Zeit des ab 1575 amtierenden Hofmeisters Hans Frauenberger überlieferte Beschreibung Schäden am Dachwerk und an den Fenstern einer heute nicht näher greifbaren Lesehof-Kapelle (Korner 2013, S. 52), weitere Baumaßnahmen dürften Ende des 16. Jhs. durchgeführt worden sein, wobei aus der Nennung „Hof und Kasten“ (StiA St. Florian, 1513–1515, S. 13v, vgl. historische Besitzgeschichte) hervorgeht, dass beide Gebäude Ende des. 16. Jhs. Gegenstand von größeren Umbaumaßnahmen waren und das hier beschriebene Gebäude auch im ausgehenden Spätmittelalter, bzw. dem Beginn der frühen Neuzeit als Kastenförmiger Baukörper bestanden hat.

Aus den historischen Quellen geht weiters hervor, dass dieser ältere Bau 1679 in großen Teilen abbrannte, daraufhin abgerissen (Korner 2013, S. 53) und 1695 unter Probst Matthäus neu errichtet wurde, ein Umstand, der auch in den Kurzbeschreibungen der Topographia Florianensis aus dem Jahr 1743 Erwähnung findet (Rehberger/Wunschheim 2009, S. 168). Der heutige Baubestand ist in großen Teilen auf diesen hochbarocken Neubau zurückzuführen, wobei die genannten mittelalterlichen Befunde belegen, dass substantielle Reste des älteren Baus zu diesem Zeitpunkt zwar bestanden haben müssen (der in den schriftlichen Quellen suggerierte Abriss also nicht vollständig vollzogen wurde), zumindest das Obergeschoß aber soweit in Mitleidenschaft gezogen war, dass die Schaffung einer neuen Geschoßebene erforderlich wurde. Sowohl die Fassadenausstattung inkl. der Fenster- und Portalrahmungen und der Risalitturm im Außenbereich als auch das Gewölbe im Erdgeschoß und die prunkvollen Stuckarbeiten im W und O des Obergeschoßes im Inneren können der Zeit des Neubaus unter Probst Matthäus zugewiesen werden. Der Wösendorfer Lesehof erhielt dabei zugleich eine wirtschaftliche Aufwertung wie auch zeitgemäße repräsentative Ausstattung. In einer eher schematisch gehaltenen Darstellung der bereits erwähnten Topographia Florianensis ist der neu gestaltete Hof in seiner heutigen Form abgebildet (Rehberger/Wunschheim 2009, 169). Lediglich das hier gezeigte 2. Turmobergeschoß mit rundbogigem Fenster und Zwiebelhelm sowie die auf 2 Dachgeschoßebenen erkennbaren Gaupen mussten scheinbar jüngeren Umgestaltungen des Dachgeschoßes weichen.

Funktional verfügte das Gebäude mit seiner großzügigen Pfeilerhalle spätestens nach dem barocken Umbau über umfassende Lagerkapazitäten, die von jenen des zugehörigen Hofes auf der anderen Straßenseite noch erheblich ergänzt wurden. Die Lage in Donau-Ufernähe wird, vorausgesetzt es bestanden nahegelegene Anlegestellen, einen Vorteil beim Abtransport der Weinbestände geboten haben. Bereits im Mittelalter besaß der Bau darüber hinaus repräsentative Bauelemente. E. des 17. Jh. wurden diese noch deutlich ausgebaut und der Charakter als repräsentativer Verwaltungssitz baulich unterstrichen.

Bis wann das Gebäude in klösterlichem Besitz stand, lässt sich ohne eingehendere archivalische Aufarbeitung nicht nachvollziehen. 1785 fungierte der Bau, wie auch der gegenüberliegende Hof bereits als Pfarrhof (Rehberger/Wunschheim 2009, 168). Die heute gut erhaltenen teils aufwändig ausgeführten klassizistische Ausstattungen dürften erst mit dieser Nutzungsphase in Zusammenhang zu bringen und nicht mehr im Kontext eines Lesehofes zu deuten sein.

Insgesamt ist der Florianihof in Wösendorf als prominentes und nach umfassenden Restaurierungen in den 1960er Jahren gut erhaltenes Beispiel eines bis ins Spätmittelalter zurückreichenden und im Barock maßgeblich umgestalteten Lesehofes zu sehen. Sowohl bautypologisch (Kastenbau mit Pfeilerhalle sowie Fassadenturm) als auch in Hinsicht auf die Baugenese zeigen sich auffällige Parallelen zu anderen ruralen Klosterhofanlagen der Wachau, insbesondere zum Erlahof, dem Niederaltaicher Lese- und Verwaltungshof in Spitz.


Alarich Langendorf / Andreas Steininger, "Florianihof 1" (Bauhistorische Interpretation) Wachauer Klosterhöfe Online 2023,
https://wachauer-klosterhoefe.at/klosterhof/16-florianihof-1

Quellen und Literatur

Quellen

Die Archivsituation zu St. Florian gestaltet sich tendenziell schwierig, da das lediglich analog im StiA vorliegende Archivverzeichnis von Jodok Stülz einige Ungenauigkeiten aufweist und chronologisch geordnet ist. Die Suche gestaltet sich daher entsprechend schwierig, wodurch davon ausgegangen werden muss, dass die ausgewerteten Archivalien mit Hofbezug nicht vollständig sind. Das Archivverzeichnis enthält keine Unterscheidung zwischen kirchlichem und weltlichem Besitz, wodurch die Archivrecherche verkompliziert wird, und eine Einschätzung des Bestandsumfangs verunmöglicht. Angesichts des doch umfangreichen Besitzes St. Florians, ist ein großer Bestand zu vermuten. Bei Schiffmann finden sich Editionen für fünf Urbare, wobei das älteste aus dem Jahr 1378 stammt (vgl. Schiffmann (Hg.) 1915). Die Urkunden sind großteils über monasterium.net abrufbar, tlw. sogar inklusive Volltext.

Historische Literatur

NÖLA, FK Prot OM 807.

StiA St. Florian, 1242 April 15, online unter: monasterium.net, https://www.monasterium.net/mom/AT-StiASF/StFlorianCanReg/1242_IV_15/charter

StiA St. Florian, 1302 Nov 10, online unter: monasterium.net, https://www.monasterium.net/mom/AT-StiASF/StFlorianCanReg/1302_XI_10/charter

StiA St. Florian, 1313 Feb 02, online unter: monaterium.net, https://www.monasterium.net/mom/AT-StiASF/StFlorianCanReg/1313_II_02.1/charter

StiA St. Florian, 1314 Feb 24, online unter: monasterium.net, https://www.monasterium.net/mom/AT-StiASF/StFlorianCanReg/1314_II_24.1/charter

StiA St. Florian, 1327 Okt 13, online unter: monasterium.net, https://www.monasterium.net/mom/AT-StiASF/StFlorianCanReg/1327_X_13.1/charter

StiA St. Florian, 1342 Mai 30, online unter: monasterium.net, https://www.monasterium.net/mom/AT-StiASF/StFlorianCanReg/1342_V_30/charter

StiA St. Florian, 1513–1515.

StiA St. Florian, 1595 Dez 29, online unter: monasterium.net, https://www.monasterium.net/mom/AT-StiASF/StFlorianCanReg/1595_XII_29/charter

StiA St. Florian, 1736 Dez 31.

 

Bundesdenkmalamt, Hg., Dehio Niederösterreich. Nördlich der Donau, Wien 1990.

Raimund Korner, Marktgemeinde Weißenkirchen in der Wachau (bis 1838 „Gemeinde Thal Wachau“) mit den Ortsteilen St. Michael, Wösendorf, Joching und Weißenkirchen. Chronik der Bewohner der alten Bürgerhäuser, o. O. 2013. (Liegt im Gemeindearchiv Weißenkirchen auf und ist über diese Website auch online zugänglich.)

Landgut. In: Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Hg.), Frühneuhochdeutsches Wörterbuch, Göttingen o. J., online unter: fwb-online.de, http://fwb-online.de/go/landgut.s.2n_1646720091

Karl Rehberger / Christiane Wunschheim / Johann Ev. Pachl, Hg., Topographia Florianensis. (1743), Linz 2009.

Konrad Schiffmann (Hg.), Die mittelalterlichen Stiftsurbare des Erzherzogtums Österreich ob der Enns, Bd. 3: Baumgartenberg, St. Florian, Waldhausen, Wilhering, Wien 1915, online unter: digi.landesbibliothek.at, https://digi.landesbibliothek.at/viewer/image/AC00812965/1/LOG_0003/

Albert Sleumer, Kirchenlateinisches Wörterbuch, 7. Nachdruck der Ausgabe Limburg a. d. Lahn 1926, Hildesheim/Zürich/New York 2020.