Klosterhöfe

Kartäuserhof
© Andreas Steininger, 2022

Kartäuserhof

Funktion als Klosterhof gesichert

Kartäuserhof
© Andreas Steininger, 2022

Erhaltungszustand

Bestand erhalten

Kloster oder Institution

Zugehörigkeit:

Datierung

Historisch
1410 gesichert – 1782 angenommen
Bauhistorisch
1470 angenommen – 1800 angenommen
Die Laufzeit der klösterlichen Nutzung anhand historischer oder bauhistorischer Daten.

Zugänglichkeit

Kein Zugang

Das Objekt ist für die Öffentlichkeit nicht zugänglich

Verortung

Lagebeschreibung

Der ehem. Hof der Kartäuser von Aggsbach (Kloster 1782 säkularisiert) liegt mit der Adresse Kremser Straße 6 ca. 160 m nordöstl. der Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt bzw. ca. 220 m nordwestl. des nördl. Donauufers an der Ausfallstraße vom Marktviertel nach O, die mit dem Bau der B3 ihre Bedeutung als Durchzugsstraße verloren hat. Der Kartäuserhof fügt sich harmonisch in die nördl. der Kremser Straße liegende, geschlossene Zeile von 2-geschoßigen, giebel- und traufständigen Häusern und Höfen.

Alarich Langendorf / Andreas Steininger, "Kartäuserhof" (Lagebeschreibung) Wachauer Klosterhöfe Online 2022,
https://wachauer-klosterhoefe.at/klosterhof/18-kartauserhof

Historische Daten

Besitzgeschichte

Bereits im Stiftungsbrief von Heidenreich von Meissau aus dem Jahr 1380 wird der Kartause Aggsbach unter anderem ein Weingarten in Weißenkirchen zugesprochen (vgl. Fuchs (Hg.) 1906, S. 40–45, Nr. 38). Am 18. Oktober 1410 verkauften Hans Sparzguet von Enns und seine Frau Elsbet dem Prior und Konvent der Kartause Aggsbach ihr Haus in Weißenkirchen um 31 Pfund Wiener Pfennig (vgl. Fuchs 1906, S. 200f., Nr. 225 und S. 201, Nr. 226) und im Juni 1411 übertrug Herzog Albrecht V. dieses bisherige landesfürstliche Lehen der Kartause Aggsbach zu Eigen (vgl. Fuchs (Hg.) 1906, S. 206f., Nr. 235). Während der Weingartenbesitz der Kartause Aggsbach in Weißenkirchen im 15. Jahrhundert zunehmend anwuchs (vgl. Fuchs (Hg.) 1906, S. 235, Nr. 276 und S. 308, Nr. 368) ist bis ins 17. Jahrhundert nichts über einen konkreten Hof überliefert. Erst in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts finden sich mehrere Steuerauszüge, in denen angeführt wird, wie viel die Kartause Aggsbach für seinen Hof und die Weingärten in Weißenkirchen bezahlen musste (vgl. HHStA, LA KA Aggsbach Karton 3, Fasz. 3, fol. 29-32). So waren es beispielsweise im Jahr 1678 insgesamt 33 Gulden 11 Kreuzer 2 Pfennig (vgl. HHStA, LA KA Aggsbach Karton 3, Fasz. 3, fol. 29). Ob es sich bei diesem Hof allerdings tatsächlich um einen Lesehof handelte kann aufgrund der mangelhaften Quellenlage nicht eindeutig geklärt werden.

Julia-Anna Schön, "Kartäuserhof" (Besitzgeschichte) Wachauer Klosterhöfe Online 2023,
https://wachauer-klosterhoefe.at/klosterhof/18-kartauserhof

Gebäude und Bauhistorie

Baubeschreibung

Der Kartäuserhof setzt sich aus einem NW-SO orientierten, längsrechteckigen, ca. 15 x 10 m messenden, 2-stöckigen, giebelständigen Trakt mit Schopfwalmdach im W sowie einem nordöstl. an diesen anschließenden 2-stöckigen Trakt mit Walmdach zusammen. Das Erdgeschoß des westl. Trakts weist im W ein von einem Segmentbogen überspanntes Portal und östl. davon 2 hoch gelegene, schmale Fenster mit einfach profilierten Werksteingewänden und Vergitterung auf – das Bruchsteinmauerwerk des Erdgeschoßes präsentiert sich heute steinsichtig. Über einem aufgeputzten Geschoßband setzt der grob abgekellte und beige getünchte Putz des 3-achsigen Obergeschoßes auf, dessen Fenster glatt verputzte, weiße Faschen aufweisen und das zum Giebel hin durch ein mehrfach profiliertes Gesims abgeschlossen wird. Zusätzlich wird das gesamte Fassadenfeld zu allen S. von glatt verputzten, weißen Faschen begleitet. Mittig im Giebelfeld befindet sich eine Aufzugs- bzw. Ladeluke, für deren Breite das Gesims unterbrochen ist. Der O-Trakt, der in seiner Gestaltung dem W-Trakt folgt, weist im westl. Bereich des verputzten Erdgeschoßes ein geschweiftes, auf Pfeilern ruhendes Portal sowie östl. davon 2 kleine, unregelmäßige Fensteröffnungen auf. Das Obergeschoß ist 4-achsig, wobei die westl. Fenster als Fensterpaar erkerartig zusammengefasst sind und auf 3 Konsolen ruhen.

Betritt man den W-Trakt durch das Portal von der Kremser Straße aus, gelangt man in einen großen, von einer Holzbalkendecke mit Unterzug überspannten Raum, der in der Mitte des nordwestl. Drittels des Raumes einen gemauerten Pfeiler mit abgefasten Kanten aufweist, auf welchem arkadenartig 2 Ziegelbögen ruhen. Nordwestl. an diesen Raum schließt ein weiterer an, der im östl. Bereich der S-Mauer abermals einen Ziegelbogen aufweist – in welchem auch die Türöffnung liegt – und der preußische Kappen als Deckenlösung zeigt. In der NW-Ecke des Raumes ist fragmentarisch ein Wendeltreppenturm samt abgefastem Werkstein-Türgewände mit 3-eckigen Anläufen situiert, dessen ausgeschlagenen Stufen deutlich zu erkennen sind. In der N-Mauer des Raumes liegen die Zugänge in einen kleinen Keller sowie in die im N modern zugebauten Wirtschaftsräume.

Das Obergeschoß wird durch eine Außentreppe an der O-Fassade erschlossen. Der große, 3-achsige Raum zur Kremser Straße hin ist mit einer Dippelbaumdecke ausgestattet, nordwestl. an diesen schließt eine schmale Raumflucht mit einem 2-jochigen Platzlgewölbe und einem kleinen Tonnengewölbe im W an, ehe nördwestl. ein weiterer, flach gedeckter Raum den Bau abschließt.

Andreas Steininger / Alarich Langendorf, "Kartäuserhof" (Baubeschreibung) Wachauer Klosterhöfe Online 2023,
https://wachauer-klosterhoefe.at/klosterhof/18-kartauserhof

Bauhistorische Interpretation

Als ältestes fassbares Bauelement können die Fragmente eines Erkers an der O-Mauer des von der Kremser Straße aus zugänglichen Erdgeschoßraumes gewertet werden, der von der erhaltenen Holzdecke im unteren Drittel abgeschnitten und im Obergeschoß nicht greifbar ist: 2 Kragsteine tragen einen flachen Ziegelbogen, an dessen Enden 2 abgerundete Werksteinkonsolen mit einfacher Profilleiste versetzt sind, auf denen abermals je ein Krag- bzw. Auflagestein ruht. Da es sich bei der vorliegenden Konstruktion nicht um die Auflage einer Stiege oder Ähnlichem handelt, sondern diese tatsächlich als ein bis zu 50 cm aus der Mauer ragender Erker angesprochen werden kann, ist davon auszugehen, dass sich nordöstl. des heutigen Baukörpers ehem. ein älterer Bau befand, dessen W-Mauer bzw. Fassade als O-Mauer des heutigen Raumes weiter genutzt wurde – die O-Mauer ist aktuell vollständig verputzt, sodass zu diesem abgekommenen Baukörper (abgesehen von relativchronologischen Aussagen) keine eindeutige Datierung möglich ist. Am Franziszeischen Kataster ist an besagter Stelle bereits kein Baukörper mehr verzeichnet (vgl. NÖLA, FK Mappen OM 771, fol. 5).

Am Ende des 15. Jhs. wurde somit an die W-Mauer eines älteren Nachbargebäudes mit Erker das Gebäude des Kartäuserhofes angefügt – dieses Alter lässt sich aufgrund der steinsichtigen S-Fassade des Erdgeschoßes erschließen, die sich verlierende Ausgleichslagen und somit eine Mauerwerksversatztechnik am Übergang vom Kompartiment- zum Zwickelmauerwerk zeigt. Aus dieser Zeit dürfte auch die O-W orientierte Holzbalkendecke mit Unterzug stammen, welche den unteren Teil des älteren Erkers des Nachbargebäudes integriert, da es offensichtlich zu aufwändig erschien, die großen Steine auszubrechen. Ob das ehem. östl. Nachbargebäude tatsächlich zu diesem Zeitpunkt abgerissen oder nur der Erker in den Neubau integriert wurde, bleibt vorerst offen. Der Aufgang vom urspr. wohl durchgehenden Erdgeschoßraum in das Obergeschoß erfolgte durch eine Wendeltreppe in der N-W-Ecke des heutigen nordwestl. Erdgeschoßraumes. Diese war durch eine Türe, von der das fragmentierte Gewände an der W-Mauer zeugt, vom restlichen Raumbereich abgetrennt. Im Obergeschoß ist diese Wendeltreppe nicht erhalten; ein leicht getrichtertes ehem. Rechteckfenster in der nördl. Giebelwand des heutigen Dachgeschoßes könnte darauf hindeuten, dass vormals ein zweites Wohngeschoß vorhanden war. Interpretativ kann der große, hohe Erdgeschoßraum zweifelsohne als Pressraum angesehen werden, welcher von der Kremser Straße aus einfach zu beschicken war. Der hintere Bereich mit dem Wendeltreppenaufgang war entweder in den Pressraum integriert oder diente zu Lagerzwecken, während das Obergeschoß bzw. die Obergeschoße – zu deren bauzeitlicher Ausgestaltung keine weiteren Aussagen getroffen werden können – wohl zu Wohnzwecken genutzt wurden.

Im 16./17. Jh. wurde dem großen Erdgeschoßraum der Pfeiler mit den beiden runden Bögen eingestellt, wohl um auf Umbauten im Obergeschoß und eine damit verbundene Lastableitung zu reagieren. Ob die nordwestl. Unterfangung urspr. ebenso aus einem Pfeiler mit 2 Rundbögen bestand oder deren westl. Teil von Anfang an vollständig ausgemauert wurde, muss offenbleiben.

Im 18. Jh. wurden im Obergeschoß im Bereich über den rundbogigen Unterfangungen die schmalen Platzlgewölbe installiert, die von einer umlaufenden Stuckleiste begleitet werden und wohl aus brandschutztechnischen Gründen errichtet wurden, da im westlichsten Bereich des Raumes ein von einer O-W verlaufenden Gewölbetonne überspannter Teil als Küche zu rekonstruieren ist. Im 18. Jh. wurden auch die beiden Werksteinfenster des großen Erdgeschoßraumes mit einfacher Profilierung und Fenstergittern versetzt.

Im frühen 20. Jh. wurden im Raum hinter dem mutmaßlichen Pressraum preußische Kappen als Decke eingezogen, in den 1960er-Jahren wurde der O-Trakt über einem bereits bestehenden Sekundärbau bzw. einer Hofmauer mit kleinerem Tor neu errichtet. Der östl. Bogen der nordwestl. Unterfangung wurde abgemauert und mit einer Türe versehen; auch die heutige Fassade stammt aus dieser Zeit. 1992 wurde dem Bestandsbau im NW ein Neubau angefügt und der Innenhof neugestaltet, ebenso wurde der vom Raum hinter dem Presshaus aus zugängliche Keller mit einem Spitzgewölbe versehen.

Sowohl der Franziszeische Kataster (Mappenblatt von 1823) als auch archivalische Quellen belegen, dass der Kartäuserhof ehem. nicht nur aus der heutigen Hausnr. 6, sondern bis ca. 1870 auch aus der westl. davon gelegenen Hausnr. 7 bestand – diese Gegebenheit konnte im Zuge der bauhistorischen Begehung weder nachgewiesen noch widerlegt werden, ist aber als wahrscheinlich zu werten. Jedenfalls zeigt eine Fotografie um 1900 die heutige Hausnr. 7 mit identer Giebellösung zur heutigen Hausnr. 6. Demnach müsste, um konkretere Aussagen über das Baugefüge des Kartäuserhofes zu treffen, auch eine Begehung der heutigen Hausnr. 7 erfolgen. Trotz diesem bis dato ausständigen Desiderat stellt der begangene Teil des Kartäuserhofes mit dem erhaltenen Pressraum ein gut erhaltenes Beispiel eines spätmittelalterlichen Klosterhofes dar; das Fragment eines älteren Nachbargebäudes in Form eines Erkers an der O-Mauer des Erdgeschoßraumes gibt zudem weitere wichtige Hinweise auf die mittelalterliche Bebauung Weißenkirchens in diesem Teil des Marktviertels.

Andreas Steininger / Alarich Langendorf, "Kartäuserhof" (Bauhistorische Interpretation) Wachauer Klosterhöfe Online 2023,
https://wachauer-klosterhoefe.at/klosterhof/18-kartauserhof

Quellen und Literatur

Quellen

Die archivischen Bestände der 1782 aufgelösten Kartause Aggsbach befinden sich heute im Haus-, Hof- und Staatsarchiv in Wien, im Niederösterreichischen Landesarchiv, im Diözesanarchiv St. Pölten sowie in den beiden Stiftsarchiven von Melk und Göttweig. Um die Aggsbacher Besitzungen in der Wachau nachzeichnen zu können, sind insbesondere die Bestände im Haus-, Hof- und Staatsarchiv (HHStA, LA KA Aggsbach) sowie die Regestensammlung von Adalbert Fuchs (Fuchs 1906) von Interesse.

Historische Literatur

Adalbert Fuchs, Hg., Urkunden und Regesten zur Geschichte der aufgehobenen Kartause Aggsbach, Wien 1906.

Josef Lampel, Nachträge zum Aggsbacher Urkundenbuch, in: Jahrbuch des Vereins für Landeskunde von Niederösterreich NF 6, 1907, S. 189-216.

Walther Latzke, Die Klosterarchive, in: Ludwig Bittner, Hg., Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs, Bd. 3, Wien 1938, S. 295–691.

Heribert Rossmann, Die Geschichte der Kartause Aggsbach bei Melk in Niederösterreich, Teil 1, Salzburg 1976.

Heribert Rossmann, Die Geschichte der Kartause Aggsbach bei Melk in Niederösterreich, Teil 2, Salzburg 1976.

Heribert Rossmann, Die Geschichte der Kartause Aggsbach, in: Karl Thier u. a., Hg., Die Kartause Aggsbach, Salzburg 2000, S. 57-292.


Bauhistorische/archäologische Literatur

NÖLA, FK Mappen OM 771.