Klosterhöfe

Erlahof 1
© Andreas Steininger, 2022

Erlahof 1

Funktion als Klosterhof gesichert

Erlahof 1
© Andreas Steininger, 2022

Erhaltungszustand

Bestand erhalten

Kloster oder Institution

Zugehörigkeit:

Datierung

Historisch
1281 gesichert – 1803 gesichert
Bauhistorisch
1300 angenommen – 1800 angenommen
Die Laufzeit der klösterlichen Nutzung anhand historischer oder bauhistorischer Daten.

Zugänglichkeit

Kein Zugang

Das Objekt ist für die Öffentlichkeit nicht zugänglich

Das Gebäude Nr. 21 dient heute als Schifffahrtsmuseum und ist als solches in weiten Teilen gegen Eintritt zu besichtigen. Der Hof Nr. 19 sowie die Nebengebäude sind nur von außen zu besichtigen.

Verortung

Lagebeschreibung

Der ehem. Amts- und Lesehof des Klosters Niederaltaich befindet sich im sog. Spitzer Graben südl. des Burgberges etwa 1,2 km südwestl. der Pfarrkirche zum Hl. Mauritius und 0,5 km westl. der Ruine Hinterhaus, die sich über der Mündung desselbigen Tales in die Donau auf einem Sporn erhebt.

Das weite Hofareal erstreckt sich an der breitesten Stelle einer Niederterrasse zw. den steil aufragenden Hängen des Spitzer Hausberges im S und dem W-O-Lauf des Spitzerbaches im N, an dessen rechten Ufer. Diese Ebene bildet als 170 m weite Ausbuchtung eine durch die topografischen Begebenheiten natürlich geschützten, zugleich aber (im Vergleich zum weiteren Talverlauf) großflächigen Siedlungsbereich, der am Knotenpunkt der lokalen Wegführungen zw. dem Setz-, Burg- und Hausberg und an der nach W führenden Verkehrsachse ins südl. Waldviertel gelegen, eine ausgezeichnete Anbindung aufweist.

Alarich Langendorf / Andreas Steininger, "Erlahof 1" (Lagebeschreibung) Wachauer Klosterhöfe Online 2022,
https://wachauer-klosterhoefe.at/klosterhof/27-erlahof-1

Historische Daten

Besitzgeschichte

Die Abtei Niederaltaich war eine der größten Weinproduzenten des Mittelalters in der Wachau (vgl. Weber 1999, S. 386). Dementsprechend vermerkte Abt Hermann in einem Besitzverzeichnis aus dem Jahr 1243 (vgl. Ruzicka 1937, S. 39) 7 Höfe in der Wachau (vgl. Ruzicka, 1937, S. 42). Von besonderer Bedeutung war für Niederaltaich der Besitz in und um Spitz, den König Ludwig von Bayern dem Kloster 830 überließ, so Ruzicka (vgl. Ruzicka 1937, S. 28). In der neueren Forschung hingegen wird die Urkunde aus dem Jahr 830 lediglich als Bestätigung bereits existierenden Besitzes interpretiert, so beispielsweise bei Zehetmayer (vgl. Zehetmayer 2018, S. 152) oder Stadtmüller (vgl. Stadtmüller 1971, S. 176), womit zumindest ein Teil der Schenkungen Kaiser Karl d. Großen zugeschrieben wird. Zu erwähnen sei, dass die vorhandene Literatur sich in der Regel auf die Rezeption von Urkunden und weiterer Forschungsliteratur beschränkt, was mitunter auf die schlechte Quellenlage zurückzuführen ist.

Die früheste eindeutig belegbare Nennung des später als Erlahof bez. Gebäudes in Spitz geht auf eine Urkunde aus dem Jahr 1281 zurück. Mittels dieser Urkunde bestätigten am 12.9. die beiden Kuenringer Leutold und Heinrich ihren Verzicht auf das Vogteirecht über einen Hof in Spitz, genannt in dem Erlech (BAW (Hg.) 1787, S. 18). Auch enthalten ist in dieser Urkunde der Hinweis darauf, dass der Hof (curia) durch Chunradus Provisor Ecclesie Altachensis (BAW (Hg.) 1787, S. 18), also durch Konrad, den Sachwalter der Kirche Altaich, an die Brüder Hermann und Berchtold (Hermannum & Perchtoldum fratres […] comparavit) verkauft worden war (BAW (Hg.) 1787, S. 18f.). Ruzicka konstatiert, dass mit jenem Konrad (Chunradus) der 1143 gewählte Abt Konrad gemeint sein muss, jedoch ohne dafür Quellenbelege anzuführen. Er verweist lediglich auf den Umstand, dass Abt Konrad II., 1230 in das Amt gewählt, nach nur 2 Jahren Amtszeit wieder abgewählt wurde, und führt dies auf dessen mangelnde ökonomische Kompetenzen zurück, weswegen jener folglich auch nicht den nötigen wirtschaftlichen Weitblick gehabt hätte, den Hof zu kaufen (vgl. Ruzicka 1937, S. 65). Ungeachtet dieser Spekulation vonseiten Ruzickas ist der Hof zumindest für das Jahr 1281 urk. belegt. Allerdings muss dem hinzugefügt werden, dass in einem Brief des Niederaltaicher Abtes an die Regierung in NÖ von ca. 1730 der Kauf des Erlahofes auf das Jahr 1149 datiert wird (vgl. DASP, III/PfA Spitz/Donau 01/06). Ob es sich dabei um das tatsächliche Kaufdatum handelt, ist aber fraglich, da die Angabe eines falschen Kauf- oder Schenkungsdatums nicht ungewöhnlich war und dadurch bestimmte Vergünstigungen, Rechte und Ansprüche erschlichen wurden.

Indirekt wird der Hof außerdem in einer Urkunde von König Lasslaw (BayHStA, KU Niederaltaich, 1457 Sept 15) erwähnt, mittels derer die 1241 und 1277 verliehene Mautfreiheit durch Herzog Friedrich und König Rudolf nun vom König von Böhmen und Ungarn am 15.9.1457 erneuert wurde. Angeblich tat er dies aufgrund des Bittgesuchs vonseiten des Abtes und Konventes von Niederaltaich sowie des Hofmeisters zu Spitz, der hier als Konventbruder bezeichnet wird (vgl. BayHStA, KU Niederaltaich, 1457 Sept 15). Dem Erlahof dürfte der Status eines Freihofes auch in der Neuzeit erhalten geblieben sein, denn in einem Kaufbriefformular für Erbrechtsweingärten und -höfe vom 6.12.1613 wird darauf explizit hingewiesen. Zudem ist anzumerken, dass hier der Pfarrer zu Spitz als grundherrlicher Vertreter des Niederaltaicher Abtes auftrat und jenes Formular ausfertigte (vgl. NÖLA, GuZ 020/11).

Der Hof blieb bis zur Aufhebung des Klosters 1803 in dessen Besitz. Bereits Anfang des Jahres 1803 bemühte sich die Wiener Regierung, dessen österr. Besitzungen zu beschlagnahmen, um eine Übernahme dieser Besitzungen durch den Staat Bayern – wie eigentlich in § 36 des Reichsdeputationshauptschlusses vorgesehen – zu verhindern, und zog die gesamten Besitzungen, darunter auch der Erlahof, entschädigungslos ein (vgl. Stadtmüller 1971, S. 300). Seit 1944 befindet sich der Hof im Besitz der Gemeinde Spitz und dient seit dem Jahr 1970 als Schifffahrtsmuseum (vgl. BDA (Hg.) 1990, S. 1108).

Simon Kuhn, "Erlahof 1" (Besitzgeschichte) Wachauer Klosterhöfe Online 2023,
https://wachauer-klosterhoefe.at/klosterhof/27-erlahof-1

Wirtschaftsgeschichte

Spitz war bereits im 14. Jh. das Zentrum der wirtschaftlichen Bemühungen Niederaltaichs in der Wachau (vgl. Ruzicka 1937, S. 27). Dem ist allerdings hinzuzufügen, dass spätestens im Jahr 1225 der Hof am Absberg bei Absdorf eine zentrale Rolle in der Verwaltung des hiesigen Niederaltaicher Besitzes eingenommen hatte (vgl. Zehetmayer 2018, S. 161). Angesichts der Tatsache, dass der Erlahof erst 1281 urk. erwähnt wurde, ist anzunehmen, dass die Niederaltaicher Besitzungen in Spitz vorerst noch vom Absberg aus verwaltet worden waren. Ein Hinweis darauf ist, dass die Spitzer Amtmänner Niederaltaichs den Prokuratoren von Absdorf zunächst noch unterstellt waren und erst um 1350 zunehmend auch als Hofmeister bezeichnet wurden, was Zehetmayer zufolge auf einen Kompetenzzugewinn dieser hindeute. Damit waren es nun die Hofmeister in Spitz, die anstelle der Prokuratoren von Absdorf die niedere Gerichtsbarkeit über die hiesigen Holden ausübten, sodass ab 1436 die Absdorfer Prokuratoren verschwanden (vgl. Zehetmayer 2018, S. 162). Der Erlahof löste damit den Hof am Absberg in dessen Funktion als örtliches Verwaltungszentrum ab; über dessen Funktion ist in ökonomischer Hinsicht jedoch mangels einschlägiger Quellen nichts Genaueres zu sagen.

Simon Kuhn, "Erlahof 1" (Wirtschaftsgeschichte) Wachauer Klosterhöfe Online 2022,
https://wachauer-klosterhoefe.at/klosterhof/27-erlahof-1

Gebäude und Bauhistorie

Baubeschreibung

Neben seiner überregional bedeutsamen Funktion als Niederaltaicher Verwaltungssitz bildet der sog. Erla-, Erlach- oder Edelhof eines der bekanntesten Beispiele klösterlicher Lesehöfe in der Wachau und wurde entsprechend häufig in der Sekundärliteratur thematisiert (vgl. etwa Tietze 1907, S. 397; Eppel 1968, S. 200; Daim/Kühtreiber 2009, S. 498f.; BDA (Hg.) 1990, S. 1108f.). Eine eingehendere bauhistorische Untersuchung ist (abseits von lokalen restauratorischen Befundungen) bislang jedoch noch nicht erfolgt.

Der Erlahof bildet insgesamt ein 150 x 50 m großes, entsprechend den topografischen Voraussetzungen W-O orientiertes, langgestrecktes Ensemble, das sich aus 2 größeren Hof-Einheiten zusammensetzt. Der westl. Haupthof mit der Hausnr. 21 besteht aus einem W-O orientierten, kastenförmigen Bau, dem heute im SO und NW je ein N-S orientierter Seitentrakt angefügt ist. Dieser Gruppe zugehörig schließt sich nur 15 m weiter westl. ein rechteckiges Nebengebäude an. 30 m östl. auf der anderen S. liegt, durch eine Gartenterrasse vom Hauptgebäude deutlich separiert, die 2. Hofeinheit mit der Nr. 19 auf einer getrennten Parzelle, die lt. den Parzellenprotokollen des Franziszeischen Katasters zumindest im 19. Jh. (also nach dem Übergang in weltlichen Besitz) im selben Besitzstand aufgeführt werden. Auf dem zugehörigen Mappenblatt werden diese 3 Einheiten in einer Gruppe mit den Parzellen 191–192 als „Edlhof“ bezeichnet. Hier ist auch zu erkennen, dass der Hof entgegen der heutigen (von moderner Einfamilienhaus-Bebauung geprägten) Situation vollständig von Obstbaumplantagen und Gartenflächen umgeben und als freistehende Anlage ausschließlich über den nach O am S-Ufer des Baches verlaufenden Weg erschlossen war. Der Vergleich mit älteren Kartierungen, wie der Josephinischen Landesaufnahme, zeigt, dass zumindest im späten 18. Jh. im N wie heute eine kleinere Brücke über den Bach bestanden haben könnte.

Im W wird das Haupthaus von einem 1-geschoßigen, direkt anschließenden NW-Seitentrakt flankiert. Am Franziszeischen Kataster ist zu sehen, dass diesem urspr. noch ein weiterer, parallel zum Haupttrakt verlaufender N-Flügel angefügt war, womit hier bis in das 19. Jh. eine nach O offene Dreiflügelanlage bestand. Im S weist der Hauptbau einen kleinen Anbau Richtung Hang auf, wodurch sich bergseitig ein längsrechteckiger Hinterhof bildet (vgl. NÖLA, FK Mappen OM 674, fol. 6).

Das Haupthaus des Hofes Nr. 21 präsentiert sich als 2-geschoßiger Kastenbau mit einem schindelgedeckten Satteldach zw. hoch aufragenden, geschweiften Giebeln. Nach S ist der Bau in den Hang gesetzt und bildet hangseitig ein ebenerdiges Geschoß aus. Der nach N zum Bach hin ausgerichteten Front ist in der mittleren Achse der markante 3-geschoßige Fassadenturm mit Balkon und hohem, aufwändig gestaltetem barockem Helm vorgesetzt. Profilierte Kordongesimse zw. den Geschoßen und Lisenen gliedern die axialsymmetrische Fassade, die Fenster weisen gerade Verdachungen und einfache Faschen auf. Im Obergeschoß sind zw. jedem Fensterpaar Kalottennischen mit Muschelfeldern eingetieft, in denen auf Postamenten sitzende allegorische Putti platziert sind. An der östl. Schmalseite, die ehem. der Hofzufahrt zugewandt war, setzt sich diese Gliederung stärker ausgearbeitet fort. Hier weisen die Lisenen noch Abschlüsse mit toskanischen Pilasterkapitellen auf, wie sie urspr. auch für die Hofseite angenommen werden können. Auf Postkarten der 1950er-Jahre ist für die Erdgeschoßzone eine Bänderrustika zu erkennen, die allerdings nicht bis auf die Nordseite verlief. Die hoch aufragende Fläche des geschweiften Giebels wird für die repräsentative Wirkung voll genutzt: Auf 3 Ebenen wechseln sich große Putztondi (auf denen heute abgekommene Segensbilder, verm. des Hl. Florian angebracht waren, vgl. Tietze 1907, S. 397) mit weiteren Nischen samt Putti ab. Auf der untersten Ebene ist die zentrale Nische von Laubwerkdekor umfasst und von 2 ovalen Dachbodenfenstern mit verkröpften Rahmungen flankiert. Im obersten Giebelfeld öffnet sich eine rundbogige Luke als Durchbruch auf den Himmel, hier war ehem. eine Kugel über einem Sockel angebracht (vgl. Tietze 1907, S. 397). An der gegenüberliegenden westl. Schmalseite zeigt sich die Gestaltung hingegen stark vernachlässigt ganz ohne Gliederung. Lediglich kleine Öffnungen belichten das Dachgeschoß. Durch den hier schlechten Zustand des Fassadenputzes ist deutlich zu erkennen, dass die geschweiften Giebel sekundär in Ziegelbauweise auf eine ältere Giebelwand aufgesetzt wurden. Die 1-geschoßige Bergseite des Gebäudes zeigt sich ebenfalls ungegliedert.

Über ein Rechteckportal im Fassadenturm als Hauptzugang gelangt man in das Erdgeschoß, das als 2-schiffige, 6-jochige Pfeilerhalle mit tlw. hochbarock überformten Stichkappen des 16./17. Jhs. ausgestaltet ist. Die 2 mittigen Joche sind (mglw. sekundär) geschlossen und bilden gemeinsam mit einer massiven Binnenmauer einen rechteckigen Raum aus, an dessen W- und N-Mauer der 2-läufige Stiegenaufgang verläuft.

Die westl. Außenmauer liegt im Bereich des südl. Schiffes frei und zeigt 2 rechteckige Trichterfenster, die primär in spätmittelalterlichem Bruchsteinmauerwerk sitzen. Dieses wurde mit regelmäßigen Ausgleichslagen in hohen Kompartimenten versetzt und kann damit in das 13. oder 14 Jh. datiert werden, wobei die tlw. bis über 1 m messenden Kompartimenthöhen eher auf eine Entstehung im Verlauf des 14. Jhs. hindeuten.

Im Obergeschoß des Haupthauses hat sich die im 19. bis 21. Jh. von Umbauten verschont gebliebene barocke Struktur samt der prunkvollen Ausgestaltung nahezu vollständig erhalten. Das Geschoß ist in 2 Raumachsen mit W-O verlaufender Enfilade im S gegliedert, wobei die insgesamt 6 gleich großen Räume ehem. über nahezu alle S. miteinander erschlossen waren.

Vom Aufgang gelangt man in die mittigen Räume, das südl. und nördl. „Vestibül“, die über Flachdecken mit reichem Bandelwerkdekor im S und einem einfachen ovalen Stuckspiegel im N verfügen.

An der W-Mauer des Raumes ist über dem Stiegenaufgang ein auf Obergeschoß-Niveau liegendes, abgemauertes Dreipass-Werksteinportal situiert. Westl. davon konnten bei Restaurierungen in den 1960er-Jahren Wandmalereifragmente freigelegt werden, die stilistisch und epigrafisch in das 1. Jahrzehnt d. 14. Jhs. zu datieren sind und als Biblia Pauperum in 2 Bildfeldern eine Arma-Christi-Darstellung sowie Johannes den Täufer mit Lamm Gottes unter dem Spruchband ECCE ANGNUS DEI (sic!) zeigen (Lanc 1983, S. 286f.; Zajic 2008, Kat. Nr. 14). Weiter nördl. ist als Fragment einer jüngeren Ausstattung um 1380 ein Schicksalsrad dargestellt. Für die spätmittelalterlichen Phasen bestätigt dieser Befund den Bestand der archivalisch durch eine Ablassurkunde überlieferte Marienkapelle (vgl. Plesser 1951, S. 253; vgl. Zajic 2008, Kat. Nr. 14).

Während die westl. Räume lediglich über Stuckspiegeln des 18. Jhs. und Blendnischen als Ausstattung verfügen, wurden die Räume der östl. Achse mit überreichem Dekor versehen. Diese sind über prunkvoll gestaltete Portale mit Volutenrahmung erschlossen: Das nördl. zeigt mit Blütengirlanden behangen die vergoldeten Insignien und Wappen von Abt Joscio Hamberger über dem Architrav (vgl. BDA (Hg.) 1990, S. 1108), während das südl. Portal von 2 Löwen flankiert wird und über dem Sturz zw. Trommeln, Geschützen und anderen Waffentrophäen als Armatur in einer 3-fachen Kartusche den Dreiberg Niederaltaichs zeigt, der über dem kaiserlichen Doppeladler und dem Wappen des Kurfürstentums Bayern hervorragt und von einem 1-köpfigen Adler bekrönt wird.

Im SW liegt der sog. Prälatensaal, dessen über Wandpilaster sich erhebende Decke mit überaus reichen, polychrom gefassten sowie teils vergoldeten Bandelwerk- und Rocaille-Elementen ausgestattet ist. In einem zentralen, geschweiften, marmorierten Spiegel eingelassen, zeigt ein ovales Öldeckengemälde Mariä Himmelfahrt, in 4 weiteren Gemälden sind als Eckmedaillone Szenen aus der Vita des Hl. Benedikt dargestellt. Über den Stuckportalen sind weiters Bilder der Hl. Scholastika und nochmals des Hl. Benedikt angebracht. Ein darüber sitzender Putto hält einen Schild mit der Jahreszahl 1731.

Der nördl. daran anschließende Raum weist an der Decke wieder reichen polychromen Bandelwerkstuck und charakteristische Adler als vollplastisch ausgeführte Eckprotome auf. Das Volutenportal zw. den Räumen ist ebenfalls prunkvoll mit überreichem Blütendekor versehen, an seiner S-S. ist in einer opulent gefassten Kartusche das Monogramm PAW zu lesen.

An das Haupthaus schließt im SO der zum Berg hinziehende eingeschoßige Nebentrakt an, dessen 3 nördl. Räume aufgrund des nach S ansteigenden Geländes über das Obergeschoß des Haupthauses und dessen Prunkräume ebenerdig zu begehen und in einer W-O-Achse miteinander erschlossen sind. Während der östlichste dieser 1-achsigen Räume mit einem von Stuckdekor überzogenen Kreuzgratgewölbe versehen ist und als Prälatenkapelle gedeutet wurde (vgl. Eppel 1968, S. 200), weisen die westl. Räume als Zwischenkammer und Selch- bzw. Küchenraum in Form eines Pyramidenkamins rein funktionalen Charakter auf. Mit dieser Raumflucht ist das direkt gegen den Hang errichtete und über ein (rezent erneuertes) Pultdach verfügende Wirtschaftsgebäude über einen sekundär eingedeckten Schlurf verbunden. Die heute ruinöse Bausubstanz weist hier an den Außenmauern wieder etwa 1 m hohe Bruchsteinkompartimente mit regelmäßigen Ziegelauszwickelungen auf; deren Entstehung im Laufe des 14. Jhs. erscheint wahrscheinlich. In diese ältere Raumschale wurden zu einem unbekannten Zeitpunkt Bogennischen aus Misch- und Ziegelmauerwerk mit Kammern und Kaminen eingestellt. Die hier flächig erkennbare Versottung der Oberflächen lässt auf eine Nutzung als Öfen zumindest in der jüngsten Phase schließen.

Gegen die südl. Hangmauer sind westl. davon im Hinterhof 2 kleine, quadratische, 1-geschoßige Vorbauten mit hofseitigen Toröffnungen angebaut, die nicht weiter untersucht werden konnten, aber mglw. ein Indiz für dahinterliegende Kelleranlagen bilden könnten. Auch lassen auf Fotografien der 1950er-Jahre sichtbare Dampflöcher am südl. Hang auf zumindest 2 weit in den Berg eingetiefte Kellerröhren schließen.

Der direkt an das Haupthaus anschließende, 1-geschoßige W-Flügel des Hofes bildet den Rest des ehem., auf dem Franziszeischen Kataster noch erkennbaren L-förmigen NW-Traktes. Dieser zeigt sich rezent vor allem durch Garageneinbauten stark überformt und konnte nicht begangen werden.

Am großen westl. Nebengebäude, das sich als westl. Abschluss der Anlage über rechteckigem Grundriss erhebt und zuletzt als Stadl oder Lagerhalle fungiert haben dürfte, liegt das Bruchsteinmauerwerk heute durchgehend frei. Hier lässt sich in manchen Abschnitten des 1-geschoßigen Baus noch die Verwendung derselben Kompartiment-Mauerwerkstechnik wie im Haupthaus und südöstl. Nebentrakt ablesen, was eine zeitgleiche Entstehung für die Kernsubstanz dieser Bauten im Laufe des 14. Jhs. suggeriert. Das Gebäude weist nach W, O und N bauzeitliche Schlitzfenster auf, alle weiteren Öffnungen, darunter auch das große Segmentbogentor, wurden im 20. Jh. erneuert.

Im O des Gesamtensembles liegt das 2. Hofgefüge des Erlahof-Komplexes (Hausnr. 19), das aus einem L-Förmigen Hauptbau besteht, dem sich im N entlang der Straße „Auf der Wehr“ ein langer, 12-achsiger, nach O ziehender Nebentrakt anfügt. Ein weiterer gegen den Hang gestellter Nebenbau mit 2 versetzt aneinander gestellten Trakten schließt den Hof im SO ab. Der nördl. Längstrakt weist an der östl. Schauseite eine Tormauer als Verlängerung auf, die als Haupteinfahrt zum Erlahof-Ensemble fungiert.

Die Gestaltungselemente der Fassaden zeigen sich stilistisch ident mit jenen des Haupthofes: Wieder prägen Lisenen und hoch aufragende, mehrfach geschweifte Giebel mit Figurennischen die durchgehend 2-geschoßige Anlage. Unterschiedlich fällt die Gestaltung der Tür- und Fensterrahmungen aus: Am nördl. Nebengebäude weisen diese durchgehend obere und untere Ohrungen auf. Im annähernd 3-eckigen Innenhof erschließen einläufige Freitreppen teils über wohl im 20. Jh. errichtete hölzerne Gänge die Obergeschoße des N- und SO-Traktes. Zw. den beiden Höfen des Erlahof-Ensembles und dem Hangverlauf fügt sich eine Gartenfläche ein, die bereits am Franziszeischen Kataster verzeichnet ist.

Alarich Langendorf / Andreas Steininger, "Erlahof 1" (Baubeschreibung) Wachauer Klosterhöfe Online 2023,
https://wachauer-klosterhoefe.at/klosterhof/27-erlahof-1

Bauhistorische Interpretation

Die früheste Bausubstanz des Erlahofes konnte innerhalb des westl. Hofgefüges festgestellt werden, wobei die privat genutzten Gebäude der östl. Anlage im Inneren nicht begangen werden konnten. Die freiliegenden Mauerwerksabschnitte in weiten Teilen der Anlage lassen auf eine Entstehung der Gebäude oder einen maßgeblichen Umbau derselbigen ab dem Ende des 13. Jhs., wahrscheinlicher aber im 14. Jh. schließen. Ob dies mit der Übernahme der Besitzung durch die Abtei Niederaltaich korrespondiert, kann ohne weitere Untersuchung nicht entschieden werden. Ein deutlicher bauhistorischer Beleg für die spätmittelalterliche klösterliche Nutzung im 14. Jh. zeigt sich jedenfalls mit dem Portal und den sakralen Malereien der archivalisch greifbaren Marienkapelle. Spätestens mit dem Ende des 14. Jhs. muss bereits ein weitläufiges Hofgefüge aus mehreren Gebäuden inkl. einem 2-geschoßigen Hauptbau einschließlich der Kapelle bestanden haben.

Für die darauffolgende Zeit des ausgehenden Spätmittelalters und der Frührenaissance lässt sich ohne weitere Untersuchungen heute nichts greifen. Erst die Gestaltungen des Spätbarock sind in Form des repräsentativen Ausbaus durch Abt Joscio Hamberger in den frühen 1730er-Jahren in großen Teilen erhalten. Hier zeigt sich ein Ausbau, der in seinen Dimensionen und vor allem dem Prunk- und Gestaltungswillen weit über das hinausgeht, was sich an den meisten anderen, zeitgleich adaptierten Klosterhöfen noch erkennen lässt. Zweifelsohne ist diese Fülle an Ausstattung nicht allein mit der Funktion eines Lesehofes zu erklären, sondern weist klar auf den hiesigen Verwaltungssitz und damit die sozial-politische Einflusssphäre, die das Kloster Niederaltaich vom Standort Spitz aus in der Wachau, aber auch überregional ausübte. Das mit rein militärischen Emblemen versehene Portal des nördl. „Vestibüls“ deutet auf ein politisches Selbstverständnis hin, das – wie hier durch die an selbiger Stelle abgebildeten Wappen von Kaiserreich und Kurfürstentum gut zu erkennen – zw. den Einflusssphären Österr. und Bayerns stand. Die historisch überlieferte Bemühung des Österr. Kammeralfonds, den Hof nicht an Bayern zu verlieren, betont die Bedeutung der Anlage noch im frühen 19. Jh.

Im Verlauf des 19. und 20. Jhs. erfolgten zwar teilw. massive bauliche Eingriffe, wie den Abriss des N-Flügels des westl. Hofes, insgesamt blieb der barocke Gesamtcharakter jedoch bemerkenswert gut erhalten, was auch auf die gelungenen Restaurierungen zurückzuführen ist, die in den 1960ern durchgeführt wurden. Die Nutzung als Museum seit dem Jahr 1970 führte zur Konservierung dieses Zustands.

Eine für das funktionale Verständnis der Anlage grundlegende Frage – die Zugehörigkeit und Nutzung des östl. Hofes – muss ohne bauhistorische Untersuchungen und eingehendere archivalische Studien insbesondere in einer chronologischen Perspektive vorerst unbeantwortet bleiben. Die Protokolle des Franziszeischen Katasters zeugen von einem gemeinsamen Besitzstand. Dies wird durch die spätbarocke, einheitliche Fassadengestaltung beider Anlagen zumindest für das letzte Jh. der klösterlichen Nutzung bestätigt, die ältere Nutzungsgeschichte erschließt sich daraus aber nicht.

Zusammengefasst bildet der Erlahof vor allem aufgrund seines außergewöhnlich guten Erhaltungszustands und des Umstands, dass sich hier repräsentative bauliche Ausgestaltungen sowohl für das Spätmittelalter als auch im Spätbarock – also in den Anfangs- und Endphasen der klösterlichen Nutzung – gut greifen lassen, eines der wichtigsten bauhistorischen Objekte für das Verständnis des Phänomens der Wachauer Klosterhöfe. Beide, zumindest zeitweise dem Kloster zugehörigen Hofanlagen, bieten großes Potenzial für die künftige Klosterhofforschung, das trotz der Prominenz der Anlage bis dato nicht genutzt wurde.

Alarich Langendorf / Andreas Steininger, "Erlahof 1" (Bauhistorische Interpretation) Wachauer Klosterhöfe Online 2022,
https://wachauer-klosterhoefe.at/klosterhof/27-erlahof-1

Quellen und Literatur

Quellen

Die dürftige Quellenlage wurde bereits im Text zur Besitzgeschichte angesprochen und soll hier noch genauer erläutert werden. Grundsätzlich sind die Bestände des Klosters Niederaltaich im BayHStA zu finden, dafür kommen v.a. 2 Findbücher in Betracht: Erstens Findbuch 1861 I KL-Allg., und zweitens Findbuch 1877 I KL-Allg. 5.3. Die in ersterem Findbuch enthaltenen Archivalien enthalten großteils Belehnungen sowie Archivalien zur Pfarre Spitz, die sich allerdings dem Titel nach auf die Pfarrverwaltung beschränken. In Bezug auf die Belehnungen ist zu sagen, dass aufgrund des Zeitmangels vorerst davon abgesehen wurde, diese durchzusehen, da der Erlahof nicht als Lehen vergeben wurde und daher keine sonderlich relevanten Archivalien erwartet wurden. Das 2. Findbuch mit der Nr. 1877 enthält überwiegend Urbare, die jedoch keinen Besitz in Österr. enthalten (vgl. BayHStA, Landshuter Abgabe 1982, B 29–33). Hier verzeichnet sind allerdings auch Wirtschaftsrechnungen, die den Erlahof in Spitz betreffen (vgl. BayHStA, Landshuter Abgabe 1982, R 135–143), die zwar zur Einsicht bestellt wurden, vonseiten des Archivs allerdings nicht gefunden werden konnten. Lt. Auskunft könne dies nicht an einer falschen Signatur liegen, da der Bestand offensichtlich unter dieser Nr. verzeichnet ist, jedoch nicht vorhanden war. Diese Rechnungen könnten womöglich einige Lücken füllen und dürften noch nicht durchgesehen worden sein, jedenfalls enthält die hierzu gesichtete Forschungsliteratur keinen einzigen Verweis auf diesen Bestand.

Im Bestand „Gemeinde- und Zunftarchiv“ des NÖLA sind außerdem einige Nrn. die Pfarre Spitz betreffend enthalten, allerdings nur eine Archivalie, in der der Erlahof zumindest erwähnt wird (vgl. NÖLA, GuZ 020/11).

Im Haus-, Hof- und Staatsarchiv in Wien lagert darüber hinaus die Urkunden- und Notizensammlung des Abtes Hermann von Niederaltaich, von der eine Edition vorliegt (vgl. Chmel 1848).

Auch im DASP sind ein paar wenige Archivalien vorhanden. Diese entstammen dem Bestand PfA Spitz – die Pfarre war zeitweise im Besitz des Stiftes Niederaltaichs –, wobei festzuhalten ist, dass auch die Archivalien des Faszikels Nr. 6 (vgl. DiA St. Pölten, III/PfA Spitz/Donau 01/06), der den Titel „Erlahof“ trägt, die aufgezeigten Forschungslücken nicht füllen konnten. Auch wenn das Amt des Hofmeisters im Erlahof und das Pfarramt zu Spitz offensichtlich häufig nicht klar voneinander trennbar zu sein scheinen, entstanden diese Archivalien wohl eher im Kontext der Pfarre.

Historische Literatur

Bayerische Akademie der Wissenschaften, Hg., Monumenta Boica, Bd. 15, München 1787.

BayHStA, KU Niederaltaich, 1457 Sept 15.

NÖLA, GuZ 020/11.


Bundesdenkmalamt, Hg., Dehio Niederösterreich. Nördlich der Donau, Wien 1990.

Josef Chmel, Auszüge aus einer Pergamenthandschrift des 13. Jahrhunderts., von dem Abbte Hermann von Nieder-Altaich begonnen, und mehreren seiner Nachfolger fortgesetzt. In: Archiv für österreichische Geschichte, 1/1 (1848), S. 1–72.

Herbert Ruzicka, Die Besitzungen des Klosters Nieder-Altaich in der Wachau und im Tullnerbecken, unveröffentlichte Phil. Diss., Universität Wien 1937.

Georg Stadtmüller, Geschichte der Abtei Niederaltaich 741-1971, München 1971.

Andreas Otto Weber, Studien zum Weinbau der Altbayerischen Klöster im Mittelalter. Altbayern – Österreichischer Donauraum – Südtirol, Stuttgart 1999.

Roman Zehetmayer, Besitz und Stellung der Abtei in Niederösterreich, in: Stephan Deutinger / Roman Deutinger, Hg., Die Abtei Niederaltaich. Geschichte, Kultur und Spiritualität von der Gründung bis zu Säkularisation, Sankt Ottilien 2018, S. 149-180.

Bauhistorische/archäologische Literatur

NÖLA, FK Mappen OM 674.


Bundesdenkmalamt, Hg., Dehio Niederösterreich. Nördlich der Donau, Wien 1990.

Franz Eppel, Die Wachau. Nibelungen- und Strudengau. Ihre Kunstwerke, historischen Lebens- und Siedlungsformen, Salzburg 1968.

Falko Daim / Karin Kühtreiber / Thomas Kühtreiber, Hg., Burgen Waldviertel – Wachau – Mährisches Thayatal, Wien 2009.

Elga Lanc, Die mittelalterlichen Wandmalereien in Niederösterreich und Wien. Corpus der mittelalterlichen Wandmalereien I, Wien 1983.

Andreas Zajic, Hg., Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems (Die Deutschen Inschriften 72. Band, Wiener Reihe, 3. Band, Teil 3), Wien 2008, Kat. Nr. 14, URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/noe-3/teil1/noe-3-obj14.xml (Zugriff: 10.2.2022).