Kremser Straße 19
3620 Spitz
3620 Spitz
Funktion als Klosterhof gesichert
Erhaltungszustand
Bestand erhalten
Kloster oder Institution
Datierung
Zugänglichkeit
Der ehem. Hof des niederbayrischen Benediktinerklosters Niederaltaich in Spitz an der Donau liegt ca. 140 m südöstl. der Pfarrkirche zum Hl. Mauritius am östl. Ende des Marktplatzes in jenem Bereich, in welchem Marktstraße, Hauptstraße und Kremserstraße einen kleinen Dreiecksplatz (mit dem Kriegerdenkmal im N) ausbilden. Durch die Lage an diesem verkehrstechnisch wichtigen Kreuzungspunkt der ehem. Durchzugsstraße (Kremserstraße und Hauptstraße), der die Kirchsiedlung sowohl mit dem Ortsteil am südl. Fuße des Tausendeimerberges und Hinterhaus verbindet als auch die Hauptverkehrsachse in Richtung Krems darstellte, nimmt der Niederaltaicher Hof im Spitzer Ortsbild eine prominente Lage ein, die auch dadurch hervorgehoben wird, dass sich der Hof von Gartenflächen umgeben und somit freistehend präsentiert.
Andreas Steininger / Alarich Langendorf, "Niederaltaicher Hof 3" (Lagebeschreibung) Wachauer Klosterhöfe Online 2023,
https://wachauer-klosterhoefe.at/klosterhof/35-niederaltaicher-hof-3
Ähnlich wie für den sog. Mauritiushof – mglw. vormals im Besitz des Klosters Niederaltaich – gilt auch für diesen Hof, dass er archivalisch noch nicht nachgewiesen werden konnte. Eine Ausnahme stellt das Besitzverzeichnis des Abtes Hermann aus dem 13. Jh. dar, in dem in Spitz 2 area (Chmel 1848, S. 23) – unbebauter Platz oder Hofraum – als im Besitz des Klosters Niederaltaich befindlich genannt werden. Während erstere area in Spitz nur den Zusatz Ruberti enthält, spezifiziert das Verzeichnis die Lokalisierung der 2. area insofern, als hier der Ort Redelspach (Chmel 1848, S. 23) genannt wird, womit verm. die heutige Ortschaft Radlbach gemeint ist, die heute ebenfalls zum Spitzer Gemeindegebiet gehört. Da zw. dem lt. Dehio in der Kremserstraße 19 zu verortenden, potenziellen ehem. Lesehof des Klosters Niederaltaich (vgl. BDA (Hg.) 1990, S. 1112) und der Ortschaft Radlbach ca. 600 m liegen, kann dies nicht derselbe Hof sein. Generell fehlen auch bei diesem Hof aussagekräftige Quellen, die auf dessen Existenz hindeuten und über ein hochmittelalterliches Besitzverzeichnis hinausgehen. Lt. FK befand sich das Gebäude im Jahr 1823 jedenfalls im Besitz einer Frau Kerschbaumer und wurde dort als Wohngebäude geführt (vgl. NÖLA, FK Prot OM 674, Fol. 1v).
Ein Desiderat bleiben weiterhin archivalische Quellen zum Hof, welche auch im Rahmen des vorliegenden Projekts bis dato nicht ausgehoben werden konnten. Die Haus-Chronik der heutigen Besitzerfamilie nennt eine Erweiterung zu einem klösterlichen Lesehof in der Barockzeit, 1668 wird jedoch bereits der erste weltliche Besitzer genannt (Archivalien vor 1668 wurden bei einem Brand zerstört) – das Kloster wäre demnach nur über eine sehr kurze Zeitspanne im Besitz des Hofes gewesen (was grundsätzlich nicht unüblich ist). Es ist jedoch fraglich, woher die These mit einer Hofübernahme bzw. eines Ausbaus im Barock stammt, die aufgrund des erhobenen bauarchäologischen Befunds zwar wahrscheinlich, jedoch trotzdem nur als educated guess bezeichnet werden kann.
Simon Kuhn / Andreas Steininger, "Niederaltaicher Hof 3" (Besitzgeschichte) Wachauer Klosterhöfe Online 2023,
https://wachauer-klosterhoefe.at/klosterhof/35-niederaltaicher-hof-3
Beim Niederaltaicher Hof handelt es ich um eine 2-geschoßige Anlage im SW der Parzelle, die heute im N, O und S von einem ca. 6300 qm2 großen, umfriedeten Obstgarten umgeben wird. Der Bau ist um einen kleinen Innenhof gruppiert, der durch je eine in Achse liegende, überwölbte Einfahrt im N und S erschlossen wird und im W laubenartig einen breiten Bogen aufweist, der einen schmalen Gang erschließt. Sämtliche Mauern im Bereich des Innenhofes zeigen sich modern verputzt und weiß getüncht – die Laibungen der Öffnungen sind durch modern gemalte Faschen im Stil einer Sgraffito Dekoration versehen, die Fenster des 1. Obergeschoßes weisen einfach profilierte Werksteinrahmungen sowie unterkehlte Sohlbänke auf.
Die auf die umliegenden Gärten ausgerichteten N-, O- und S-Fassaden zeigen eine Gliederung in 2 Zonen mit einer Bänderrustika im Bereich des Erdgeschoßes und einer durch ein mehrfach profiliertes Gesims abgetrennten Doppelpilasterordnung im Obergeschoß. An der N-Fassade ist zwar die Bänderrustika im Erdgeschoß, jedoch nicht die Pilasterordnung im Obergeschoß zu beobachten, dieses ist glatt verputzt. Historische Ansichten der Besitzerfamilie zeigen jedoch, dass ursprünglich auch die N-Fassade mit Doppelpilastern bzw. einfacheren Lisenen versehen war. Die N-Fassade weist ca. in der Mitte ein von einem Korbbogen überspanntes Portal auf, das durch eine glatte, aufgeputzte Fasche mit einfacher Profilleiste und aufgeputztem Keilstein betont wird. Unmittelbar westl. der westl. Laibungskante des Portals ist in der Fassade über beide Geschoße ein deutlicher Knick zu beobachten, der auf unterschiedliche Bauphasen der heute mit einheitlichen Fassaden versehenen Baukörper verweist (s. unten). Das Erdgeschoß der N-Fassade, das im westl. Drittel durch einen modernen Garagenanbau verstellt wird, zeigt sich bis auf ein kleines, hochrechteckiges Fenster mit glatter weißer Fasche und einfacher Profilleiste fensterlos. Über dem Portal ist symmetrisch eine moderne Dreier-Fenstergruppe mit einem breiteren Fenster samt unterkehlter Sohlbank in der Mitte, das von zwei schmäleren Fenstern flankiert wird, angeordnet. Alle drei Fenster weisen eine glatte weiße Fasche samt einfacher Profilleiste auf. Östl. und westl. dieser Fenstergruppe sind annähernd symmetrisch zwei größere Fenster situiert, wobei das westl. zu einer Türe ausgeschlagen wurde, die auf das Dach der angebauten Garage führt, welches als Terrasse dient. Die beiden Öffnungen zeigen ebenfalls glatte, weiße Faschen mit einfacher Profilleiste sowie einer gekehlten Verdachung samt über dieser liegendem Putzdekor in Form zweier sich gegeneinander lehnender Putzbänder mit volutenartigen Enden und zentralem regula samt gutta. Die ungestörte östl. Fensteröffnung weist zudem eine unterkehlte Sohlbank sowie ein Putz-Parapet mit abgerundeten Ecken auf. Während es sich bei den beiden zuletzt genannten Öffnungen um historische Fenster handelt, ist die Dreiergruppe modernen Ursprungs, wie es auch die bereits genannten Ansichten aus der 1. Hälfte des 20. Jhs. nahelegen, die durchaus als glaubhaft einzustufen sind – diese zeigen über dem Portal ein vergittertes Fenster in der Dimension der beiden anderen.
Die O-Fassade weist im Erdgeschoß asymmetrisch 6 Fensteröffnungen auf, 3 kleinere längsrechteckige mit weißen, glatten Faschen samt einfachen Profileisten sowie 3 hochrechteckige mit unterschiedlichen Einfassungen. Das Obergeschoß wird durch die 3 Doppelpilaster und die Doppellisenen an den Ecken in 4 Felder gegliedert, die jeweils 2 Fensteröffnungen zeigen, lediglich das etwas kleinere südl. Feld weist nur ein Fenster auf. Die Fenster zeigen eine ungetünchte Werkstein-Einfassung aus Granit oder Konglomerat, eine mehrfach profilierte Verdachung samt Putzdekor (wie an der N-Fassade) und Putz-Parapete mit abgerundeten Ecken.
Die S Fassade zeigt sich weniger homogen, in ihrem westlichen Bereich springt ein schmaler Baukörper über beide Geschoße aus der Flucht turmartig heraus, dessen Höhe nach einer Eckausbildung ca. 2 m weitergezogen wird, ehe die Bauhöhe wieder auf jene des abschließenden Gesimses von N- und O-Fassade verspringt. Dieser niedrigere, östl. Teil der Fassade ist zum Dekorationssystem von N- und O-Fassade gehörig und weist im westl. Bereich des Bänder-rustizierten Erdgeschoßes eine von einem Rundbogen überspannte Einfahrt in den Innenhof auf. Das Obergeschoß wird durch zwei Doppelpilaster und Doppellisenen an den Ecken (wobei die westl. abgeschnitten und von anderer Form sind, wie jene des südl. Teils der W-Fassade) in 3 Felder gegliedert, wobei das östl. deutlich breiter ist. In jedem Fassadenfeld sitzt ein hochrechteckiges Fenster, das durch eine weiße Fasche und eine einfache Profilleiste hervorgehoben wird. Östl. des turmartigen Baukörpers, in jenem Bereich, der auf dessen Höhe weitergezogen wurde, ist ein Portal situiert, das über eine kleine Terrasse das Obergeschoß erschließt. Das Portal selbst, das von einem Korbbogen überspannt wird, weist aufgeputzte Kämpfer, einen Keilstein sowie im Bereich des Bogens eine mehrfache Profilierung auf. Östl. und westl. des Portals tragen Pilaster mit Putzfelddekor eine breite und mehrfach profilierte, gewellte, ziegelgedeckte Verdachung.
Die W-Fassade des Niederaltaicher Hofes folgt dem Verlauf der Haupt- und Kremserstraße und bildet dementsprechend im westl. Drittel einen deutlichen Knick bzw. eine Ecke aus. Der nördl. Teil der W-Fassade entlang der Kremserstraße ist aufgrund des ansteigenden Niveaus eingeschoßig und im Dekorationssystem der O- und des östl. Teils der S-Fassade gehalten: über einer Sockelzone mit vier ungefassten Fensteröffnungen leitet ein Gesmise zur Hauptzone über. Zwei Doppelpilaster sowie einfache Lisenen an den Ecken gliedern die Fassadenfläche in 3 Felder, welche alle zwei Fensteröffnungen mit einfach profiliertem Putz-Gewände aufweisen. Wie an der O-Fassade treten zudem gekehlte Verdachungen samt Putzdekor in Form von Bändern (leicht anders als an der O-Fassade) und Putz-Parapete mit abgerundeten Ecken auf. Nach oben hin wird die Fassade von einem mehrfach profilierten Gesims mit breiter Hohlkehle abgeschlossen.
Dieses Gesims wird noch ca. 2 m auf den südl. Teil der W-Fassade gezogen, ehe die Bauhöhe ca. 1 m nach oben verspringt. Der südl. Teil der W-Fassade ist durch Doppellisenen an der südwestl. Gebäudeecke und in jenem Bereich, in welchem die Fassade im südl. Drittel einen deutlichen Knick aufweist, in 2 Felder gegliedert. Unklar ist ein Doppelpilaster im nördl. Bereich, der nach der Ausbildung eines profilierten, kapitellartigen Sockels abrupt endet. Eine solche architektonisch nicht nachvollziehbare Situation ist auch an der S-Fassade zu beobachten – sie resultieren wohl aus zahlreichen Umgestaltungen und Renovierungen der Fassaden. Im nördl. Fassadenbereich ist ein abgefastes Schulterbogenportal mit Trompen situiert, das zu beiden Seiten von Putz-Pilastern mit Putzfelddekor (wie jene des westl. Portals der S-Fassade) eingefasst wird, auf welchen ein mehrfach profiliertes Gesimse aufliegt. Über den Pilastern liegen auf dem Gesims zwei breite Voluten auf, welche eine gerade und gekehlte Verdachung tragen. Im Sturzbereich sind die Bezeichnung 1562, 1975 (Renovierung) sowie zwei Wappen der aktuellen Besitzerfamilie zu sehen. Nördl. des Portals liegt über einem kleinen, längsrechteckigen Fenster eine Nische in Form eines geschweiften Rechtecks mit profilierter Fasche, welche eine Statue des hl. Urbans beherbergt. Die Fenster des Obergeschoßes zeigen neben einer profilierten Einfassung gekehlte Putzparapete mit regulae und guttae sowie gerade Verdachungen, die auf einem hohen Putzfeld aufliegen, das durch vertikale Linien gegliedert ist.
Im S wird der an die W-Fassade anschließende Garten durch eine niedrige Mauer mit aufgesetzten Pfeilerelementen mit Putzfeldekor und pyramidaler Verdachung abgeschlossen. Im nördl. Drittel befindet sich zwischen zwei Pfeilern ein Zugang, zwischen den übrigen sind Zaunfelder angebracht.
Die Nullflächen aller Fassaden und der Umfriedungsmauer samt Pfeiler sind heute einheitlich lachsfarben gefasst, sämtliche Gliederungselemente wie Lisenen, Pilaster und Fensterfaschen sind weiß getüncht. Das Dach ist zum Großteil als Walmdach ausgeführt und durch Mansarden und Gaupen vollständig modern ausgebaut und mittels Strangfalz eingedeckt. Am Franziszeischen Kataster (Mappenblatt von 1823) ist der Bau bereits in seiner heutigen Kubatur verzeichnet.
Andreas Steininger / Alarich Langendorf, "Niederaltaicher Hof 3" (Baubeschreibung) Wachauer Klosterhöfe Online 2023,
https://wachauer-klosterhoefe.at/klosterhof/35-niederaltaicher-hof-3
Als vorläufig ältester Bauteil kann ein Raum westl. der nördl. Einfahrt angesprochen werden (in der NW-Ecke des Baukomplexes), welcher von ebendieser durch zwei sekundäre Türöffnungen in seiner O-Mauer erschlossen ist. Es handelt sich dabei um einen großen Raum mit Holzbalkendecke, der in seinem nördl. Drittel durch einen Pfeiler mit 2 Rundbögen geteilt wird. Der Raum ist in seiner Genese mehrphasig, das Gefüge konnte im Zuge der bauhistorischen Begehung nur grob gesichtet werden und zeigte, dass die verzahnende N- und W-Mauer, welche spätes, sich teilw. auflösendes Kompartimentmauerwerk zeigen, die ältesten Baukörper aus dem späten 14. oder frühen 15. Jh. darstellen. Auch der untere Teil der S-Mauer mit einem Schartenfenster dürfte aus dieser Phase stammen, das Verhältnis zwischen W- und S-Mauer ist nicht einsehbar, ebenso bietet die O-Mauer zu wenig ungestörtes Mauerwerk, um eine exakte Datierung vorzunehmen. Der ursprüngliche Zugang ist im westl. Bereich der S-Mauer in abgemauerter Form erhalten, ein primäres Fenster liegt im südl. Bereich der W-Mauer. Im 15./16. Jh. kam es zur Installation der heute noch erhaltenen Holzbalkendecke, wofür der Pfeiler mit den beiden Bögen errichtet und an die W- und O-Mauer angestellt sowie die S- und O-Mauer aufgezont wurden. Der östl. Bogen wurde zu einem späteren Zeitpunkt in seinem Scheitel halbrund ausgeschlagen. Typologisch kann der große und hohe, direkt an der Straße und von dieser aus im Souterrain liegende Raum als Pressraum angesprochen werden, wofür u.a. auch eine Ausbuchtung im südl. Bereich der W Mauer spricht, die auf ein abgekommenes Becken o.ä. deutet.
Die W-Mauer des Raumes mit der Holzbalkendecke scheint sich im südl. liegenden Raum fortzusetzen (das Mauerwerk ist als spätmittelalterlich einzustufen, eine feinere Datierung kann aufgrund moderner Sanierungen jedoch nicht getroffen werden). Das Schartenfenster in der S-Mauer des Raumes mit der Holzbalkendecke zeigt, dass dieses Areal in der ersten Phase nicht oder nicht vollständig verbaut gewesen sein kann.
Weiterer spätmittelalterlicher Baubestand ist im südwestl. Teil des Baukomplexes erhalten, unmittelbar westl. der südl. Einfahrt in den Innenhof. Dort liegen unter einem breiten, segmentartigen Bruchsteinbogen die Zugänge in einen kleinen Raum sowie zu einem Brunnen. Der Bogen selbst ist aus Bruchsteinen gefügt und als spätmittelalterlich anzusprechen, wurde jedoch im Bereich seines Scheitels für das hochbarocke Gewölbe der Einfahrt mit Ziegel ausgebessert. Der kleine Raum selbst weist ein N-S orientiertes Bruchstein-Tonnengewölbe auf, das im S eine Stichkappe für eine kleine Fensteröffnung ausbildet und auch in der NW Ecke auf eine sekundär durch Ziegel abgemauerte Fensteröffnung reagiert. In der NO-Ecke des Raumes liegt ein aus Bruchstein gefügter Brunnenschacht, der viertelkreisförmig abgemauert und heute durch eine separate Türe von der Einfahrt erschlossen ist. Die W-Mauer des kleinen Raumes ist als frühes Netzmauerwerk anzusprechen und datiert somit in die 2. H. des 15. Jhs. – die O-Mauer hingegen könnte noch aus dem späten 14. oder frühen 15. Jh. stammen, da sie südl. der Türlaibung sich auflösendes Kompartimentmauerwerk zeigt. An der O-Mauer ist das Fragment eines Bruchsteinbogens zu erkennen, das zeigt, dass der Raum ursprünglich eine größere und höhere Öffnung besaß (Die südl. Laibungskante der heutigen Türöffnung ist auch jene des ursprünglichen Bogens). Da der Bogen nicht sauber mit dem Gewölbe in Einklang zu bringen ist, ist davon auszugehen, dass das Gewölbe sekundär errichtet wurde.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass im Spätmittelalter ein Baukörper im NW und im SW entlang der Haupt- bzw. Kremserstraße existierte – die Verbauung zwischen diesen bleibt aufgrund der heute vollständig verputzten Räumlichkeiten vorerst unklar, das Schartenfenster in der S-Mauer des Pressraumes deutet jedoch darauf hin, dass die Bebauung nicht durchgehend war, eine Stützmauer zur höher gelegenen Straße muss es jedoch gegeben haben. Ob diese Baukörper ein Obergeschoß aufwiesen, kann derzeit nicht festgestellt werden. Da die Räumlichkeiten des Obergeschoßes verputzt und stark modern überprägt sind, ist dies aufgrund der westl. deutlich höher liegenden Straße jedoch anzunehmen. In der ersten Hälfte des 15. Jhs. dürfte ebenso bereits der nordöstl. Raum des O-Trakts als Sekundärbau o.ä. existiert haben, dessen Außenmauern durchgehend Bruchsteinmauerwerk zeigen. Wie weit sich dieser Bau Richtung S erstreckte, kann aufgrund der verputzten Außenmauern in den Räumen südl. des nordöstl. Raumes nicht nachvollzogen werden. Die im Sturz des Portals in der W-Fassade genannte Jahreszahl 1563 kann aktuell mit keinen archivalischen oder bauhistorischen Daten in Verbindung gebracht werden – offensichtlich fanden zu diesem Zeitpunkt Umbaumaßnahmen statt bzw. wurde wenigstens das Schulterbogenportal versetzt.
Zu einem durchgehenden Gebäude zusammengeschlossen wurden die Baukörper spätestens im 17. Jh., als der Raum südl. des Pressraumes sowie der südl. davon liegende Raum (das heutige Stiegenhaus) mit N-S orientierten Ziegel-Gewölbetonnen versehen wurden.
Die massivsten Umgestaltungen erfuhr der Hof im Hochbarock, spätestens zu diesem Zeitpunkt erhielt sowohl der Trakt entlang der Straße als auch der zum Garten hin orientierte Teil ein Obergeschoß. Die Einfahrt im N wurde mit einer dreijochigen Stichkappentonne mit leicht aufgeputzten Graten überwölbt, auch die südl. Einfahrt wurde mit einem Tonnengewölbe versehen. Der große Erdgeschoßraum des O-Trakts wurden mit einer breiten Stichkappentonnen überwölbt, der südlichste Raum wurde eventuell in dieser Phase an die nördl. liegenden Räumlichkeiten angestellt, erhielt jedoch auf jeden Fall ein O-W orientiertes Tonnengewölbe mit breiten Stichkappen über der Tür- und Fensteröffnung. Spätestens in dieser Phase wurden auch die Obergeschoßräumlichkeiten des W- und O-Traktes miteinander verbunden, indem über der neu überwölbten nördl. Einfahrt ein getrichterter Raum in Funktion eines Flurs errichtet wurde, der mit einer 3-jochigen Stichkappentonne überspannt wurde, deren Grate durch glatte Faschen mit einfacher Profilierung betont wurden. Das Obergeschoß wurde zudem mit Stuckdecken ausgestattet, von denen zumindest eine erhalten ist. Ebenfalls noch in die 2. Hälfte des 18. Jhs. fällt die Errichtung des geschweiften Portals an der S-Fassade.
Mit dem großen Ausbau erhielt der Hof auch seine repräsentativen, durch Doppelpilaster und Lisenen gegliederte Fassaden und eventuell wurde in der barocken Bauphase auch ein neues Dach errichtet, der zwar gänzlich verloren, durch einige historische Darstellungen des Hofes jedoch gut nachvollziehbar ist: es handelte sich um ein markantes, 3-faches, N-S orientiertes, abgewalmtes Paralleldach, das in den abgewalmten Schmalseiten Gaupen bzw. Aufzugsöffnungen besaß.
Im 19. Jh. kam es zu Errichtung eines großen Kellerraumes südl. des Hofes, der vom südlichsten Raum des O-Trakts über eine segmentbogenartig gewölbten Hals zugänglich ist. Die Stirnwände sowie der Sockelbereich wurde aus Mischmauerwerk erstellt und wirken durchgehend strukturlos – um die geforderte Höhe des Gewölbescheitels einfacher zu erreichen, wurde die betreffende Fläche im darüberliegenden Gartenbereich mittels Trockensteinmauern eingefasst und ca. 1 m aufgeschüttet. Der Keller selbst erhielt ein breit gespanntes Ziegel-Tonnengewölbe, gegen welches die Stirnwand im N anläuft.
Im 19. Jh. wurde als weitere fassbare Baumaßnahme der große von einer Stichkappentonne überspannte Raum im Erdgeschoß des O-Traktes im nördl. und im südl. Bereich durch je eine Binnenmauer aus Ziegelmauerwerk abgeteilt. Auch an den Fassaden dürfte es in dieser Zeit zu Umgestaltungen gekommen sein, so stammt u.a. die Parapetgestaltung der Fenster zur Hauptstraße mit regulae und guttae aus dieser Bauphase.
Im 20./21. Jh. kam es zu massiven Um- und Ausbauten des Hofes, die vor allem das Ober- und Dachgeschoß betrafen – schmerzhaft erscheint vor allem der vollständige Verlust des 3-teiligen Paralleldaches. Im Sinne einer Rückführung zu einer barocken Erscheinung wurden die Fassaden vereinheitlicht und im SO des Gartens zur Bahnstraße wurde eine Einfahrt samt Portal errichtet. Im Innenhof kam es zur Installation eines Aufzuges und an die nordwestl. Gebäudeecke wurde eine Garage angestellt.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der sog. Niederaltaicher Hof trotz zahlreicher späterer Umbauten und Sanierungen bauarchäologisch gut fassbar ist. Die ältesten im Zuge der bauhistorischen Begehung festgestellten Baukörper stammen aus dem späten 14. bzw. frühen 15. Jh., Ausbauphasen sind für das 16., 17. und vor allem für das 18. Jh. zu nennen, als der Hof erweitert und auffallend repräsentativ ausgestattet wurde.
Andreas Steininger / Alarich Langendorf, "Niederaltaicher Hof 3" (Bauhistorische Interpretation) Wachauer Klosterhöfe Online 2023,
https://wachauer-klosterhoefe.at/klosterhof/35-niederaltaicher-hof-3
Grundsätzlich sind die Bestände des Klosters Niederaltaich im BayHStA zu finden, dafür kommen v. a. zwei Findbücher in Betracht: Erstens Findbuch 1861 I KL-Allg. und zweitens Findbuch 1877 I KL-Allg. 5.3. Die in ersterem Findbuch enthaltenen Archivalien enthalten großteils Belehnungen, sowie Archivalien zur Pfarre Spitz, die sich allerdings dem Titel nach auf die Pfarrverwaltung beschränken. Eigene Archivalien zu anderen Besitzungen in der Wachau wurden bis dato nicht gefunden. Ein Verzeichnis des Bestandes findet sich auch im Artikel Kaufmanns zur Abtei Niederaltaich in der GB (vgl. Kaufmann, 2014, S. 1463-1466), allerdings führte auch diese gesammelte Aufstellung der Niederaltaicher Bestände zu keinen neuen Treffern. Für diesen Hof im Speziellen gilt außerdem, dass weder die Urkundenbestände im BayHStA noch die dort vorhandenen Klosterakten, sofern einsehbar, einen Hinweis auf die Existenz dieses Hofes bieten. Im Bestand des „Gemeinde- und Zunftarchiv“ des LA NÖ sind zwar Archivalien die Pfarre Spitz betreffend enthalten, jedoch konnten darin – neben dem Erlahof – keine Hinweise auf weitere Höfe der Klosterherrschaft Niederaltaich in Spitz gefunden werden. Auch der Bestand Pfarrarchiv Spitz im Diözesanarchiv St. Pölten enthält keine für diesen Hof relevanten Archivalien.
NÖLA, FK Prot OM 674.
Bundesdenkmalamt, Hg., Dehio Niederösterreich. Nördlich der Donau, Wien 1990.
Josef Chmel, Auszüge aus einer Pergamenthandschrift des 13. Jahrhunderts., von dem Abbte Hermann von Nieder-Altaich begonnen, und mehreren seiner Nachfolger fortgesetzt, in: Archiv für österreichische Geschichte 1/1 (1848), S. 1–72.
Michael Kaufmann, Niederaltaich, in: Michael Kaufmann u. a., Hg., Die Männer und Frauenklöster der Benediktiner in Bayern, München 2014, S. 1439-1467.