Klosterhöfe

Florianihof 2
© Michaela Löffler, 2021

Florianihof 2

Funktion als Klosterhof gesichert

Florianihof 2
© Michaela Löffler, 2021

Erhaltungszustand

Bestand erhalten

Kloster oder Institution

Zugehörigkeit:

Datierung

Historisch
1314 gesichert – ?
Bauhistorisch
? – ?
Die Laufzeit der klösterlichen Nutzung anhand historischer oder bauhistorischer Daten.

Zugänglichkeit

Kein Zugang

Das Objekt ist für die Öffentlichkeit nicht zugänglich

Verortung

Lagebeschreibung

Der ehem. Lesehof des oberösterreichischen Augustiner-Chorherrenstiftes St. Florian erstreckt sich in Wösendorf am O-Ende des Marktes nahe dem Donauufer und unmittelbar östl. des Wösendorfer Baches in markanter Lage an der östl. Ortseinfahrt, etwa 130 m vom Ortskern entfernt. Die erhaltenen Besitzungen des Stiftes umfassen an dieser Stelle einen Kastenbau als Hauptgebäude (Nr. 74) und einen Hof (Nr. 2), die an der Hauptstraße einander gegenüberstehen.

Beide Objekte konnten im Zuge des Projektes weitgehend vollständig begangen werden und sind aufgrund ihrer jeweils in sich abgeschlossenen Gebäudestruktur separat beschrieben: Der vorliegende Eintrag widmet sich dem nördl. Hof Nr. 2, zum südl. Objekt Nr. 74 s. 19192 Florianihof 1.



Alarich Langendorf / Andreas Steininger, "Florianihof 2" (Lagebeschreibung) Wachauer Klosterhöfe Online 2023,
https://wachauer-klosterhoefe.at/klosterhof/64-florianihof-2

Historische Daten

Besitzgeschichte

Der Hof in der Hauptstr. Nr. 2 in Wösendorf wird bei Dehio als ehem. Pfarrhof bez. (vgl. BDA (Hg.) 1990, S. 1306). Diese Angabe deckt sich mit den Angaben des FK, demzufolge 1823 dieses Gebäude als Pfarrhof diente. Zuvor dürfte der spätere Pfarrhof im Besitz des Stiftes St. Florian gewesen sein, dies geht aus einer Urkunde hervor, der zufolge der Probst des Stiftes St. Florian zu Beginn d. 14. Jhs. 2 Häuser in Wösendorf, dem Florianer Hof (Nr. 74) unmittelbar gegenüberliegend, gegen eine Mühle und weitere Gründe mit Rumhardt von Rauna eingetauscht hatte (vgl. StiA St. Florian, 1314 Feb 24). In den durchgesehenen Quellen wurde dieser Hof bzw. wurden diese beiden Häuser in den folgenden Jh. nicht mehr erwähnt, jedenfalls konnten ihm keine weiteren Archivalien zugeordnet werden. Mglw. werden die eingetauschten Häuser auch in jener Weingartenliste vom Anfang des 16. Jhs. erwähnt, mussten die Abgaben von den verzeichneten Weingärten doch in Irn Kastn vnd hof (StiA St. Florian, 1513–1515, S. 13v) gebracht werden. Explizit erwähnt werden die beiden Häuser erst wieder in der Weingartenbeschreibung von 1736, auch wird auf deren Herkunft – Tausch mit Reichhardt von Rännä – eingegangen (vgl. StiA St. Florian, 1736 Dez 31, S. 114). Im FK von 1823 ist der Hof in der Hauptstr. Nr. 2 bereits als Pfarrhof vermerkt (vgl. NÖLA, FK Prot OM 807, fol. 2), in der Mappe ist zu erkennen, dass dieser aus 2 nebeneinanderliegenden Gebäuden bestand, die beide unter der Nr. 2 geführt wurden (vgl. NÖLA, FK Mappen OM 807, fol. 4). Ab wann der Hof als Pfarrhof diente und nicht mehr Teil des Weingartts Hof (vgl. StiA St. Florian, 1736 Dez 31, S. 114) war, kann nicht abschließend geklärt werden.

Simon Kuhn, "Florianihof 2" (Besitzgeschichte) Wachauer Klosterhöfe Online 2023,
https://wachauer-klosterhoefe.at/klosterhof/64-florianihof-2

Wirtschaftsgeschichte

Der vielzitierten Weingartenbeschreibung aus der 1. H. d. 18. Jhs. ist zu entnehmen, dass dieser Hof – hier wird nur ein Hof erwähnt, den das Kloster durch Tausch mit Reichhardt von Rännä 1314 erworben hatte – die Wohnung des Hofmeisters beherbergte (vgl. StiA St. Florian, 1736 Dez 31, S. 114). Weitere Hinweise auf dessen Funktion oder Ausstattung konnten bislang noch nicht gefunden werden.

Simon Kuhn, "Florianihof 2" (Wirtschaftsgeschichte) Wachauer Klosterhöfe Online 2022,
https://wachauer-klosterhoefe.at/klosterhof/64-florianihof-2

Gebäude und Bauhistorie

Baubeschreibung

Der Hof weist entlang der Hauptstraße einen traufständigen 2-geschoßigen, zur Straße hin 9-Achsigen Bau mit Walmdach über unregelmäßig U-förmigem Grundriss auf. Aus diesem Haupttrakt ragen nach NW 2 breit gelagerte Risalite in den engen Hof, der zur Bachgasse und bis zur westl. Gebäudeecke von einer Umfassungsmauer aus Mischmauerwerk mit innen liegenden, tlw. sekundär ausgebrochenen Kalottennischen abgegrenzt wird. Im N der Parzelle schließt ein breiter, NW-SO orientierter Scheunenbau mit Schopfwalmdach und heute abgemauerten, weitgespannten Bogenöffnungen an seiner O-Seite als Schnittstelle zur nordöstl. angrenzenden Parzelle Nr. 80 (deren westl. Abschnitt ehem. noch zum hier beschriebenen Hof gehört haben dürfte) das historische Ensemble ab. Als rezenter Einbau fügt sich ein niedriger Garagenbau in die ehem. unbebaute südwestl. Hofecke zw. Bachgasse und Hauptstraße.

Zur Hauptstraße hin zeigt sich der Haupttrakt spätklassizistisch fassadiert:  Aus der durchgehenden horizontalen Gliederung mittels Bänderrustika und doppeltem Kordongesims zw. den Geschoßebenen treten die mittleren 3 Achsen mit Pilastergliederung, einer ins Obergeschoß hinaufgezogenen Rustizierung sowie einem prominenten Giebelfeld als Pseudorisalit hervor. Mittig in diesem befindet sich das in Putzquaderung eingelassenes Eingangsportal als Hauptzugang. Den Pseudorisalit symmetrisch flankierend dienen zwei kleinere Portale, von denen das linke noch Steingewände und Gitter in der Oberlichte aufweist, als Nebenzugänge. Die 6 querliegenden Erdgeschoßfenster sind ebenso wie die 9 Kastenstockfenster im Obergeschoß der symmetrischen Achsengleiderung folgend eingesetzt. Westl. schließt die südl. Hofmauer an die Fassade an, in der sich das Hoftor als Korbbogenportal auf Granit-Werksteinpilastern und einer Nebentür, ebenfalls mit Granitsteinrahmung, öffnet. Den Mauerabschnitt schließt nach oben ein stark profiliertes Kranzgesimse ab. Die hofseitigen Fassadenabschnitte zeigen sich schlicht mit einfachen Faschenrahmungen als Dekor.

Den Haupttrakt betritt man im Erdgeschoß straßenseitig über einen parallel zur Straßenachse orientierten, tonnengewölbten, flurartigen Vorraum, welcher mit renaissancezeitlichen Stichkappen versehen ist. Hofseitig führt dieser in einen kleinen abgeschlossenen Raum, der sich zw. den beiden Risaliten erstreckt. Nach NO hin erschließt der straßenseitige Raum eine NW-SO-orientierte, ehem. 2-Schiffige und 3-jochige Pfeilerhalle, die sich heute als zu zwei Räumen abgemauert präsentiert und die gesamte Fläche des nordöstl. Traktabschnittes samt Risalit einnimmt. Im W führt ein schmaler Seitenflur zum Kellerabgang, welcher unter den südwestl Risalit zieht, der von einer weiteren, ebenfalls 2-Schiffig und dreijochige Pfeilerhalle eingenommen wird. Diese ist heute lediglich rückwärtig, also vom Hof aus zu betreten und zeigt sich repräsentativ mit 2 vergleichsweise filigranen tuskischen Granitsäulen ausgestattet. In der S-Ecke des Erdgeschoßes erstreckt sich zw. Flur und Pfeilerhalle ein mit einer gedrückt wirkenden, 2-jochigen Ziegel-Stichkappentonne versehener Raum.

Das angesichts der Ufernähe großzügig und tief angelegte Halb-Kellergeschoß verläuft unter der SW-Hälfte des Gebäudes. Vom Seitenflur des Erdgeschoßes gelangt man über eine 1-läufige Stiege in eine bemerkenswert hohe 2-Jochige und 2-Schiffige Pfeilerhalle, deren Gewölbe sich auf einen massiven Ziegelpfeiler stützt und gegen die Kellermauern aus Bruchsteinmauerwerk errichtet wurde. Zur statischen Sicherung wurde das südl. Joch mit einer 2-bogigen Ziegelmauer sekundär im 19. oder 20. Jh. unterfangen. In Richtung Straße erstreckt sich ein zweiter, weit kleinerer und ebenfalls bruchsteingemauerter Kellerraum der von der Pfeilerhalle über einen bruchstein-gewölbten Quergang zu erreichen ist und ein wohl sekundär eingestelltes Ziegeltonnengewölbe aufweist.

Das im Zuge der Begehung nur tlw. zugängliche Obergeschoß des Gebäudes ist straßenseitig über die linke Nebentür und eine einläufige Stiege erschlossen. Die Binnenstruktur gliedert sich aus zwei parallel zur Straße verlaufenden Raumfluchten und jeweils zwei weiteren, die in der Achse der beiden Risalite orientiert sind. Während die breitere straßenseitige Flucht als durchgehende Enfilade gestaltet ist und ausschließlich Flachdecken aufweist, diente die hofseitige als Flur und war teils mit hochbarocken Stichkappentonnen, teils mit einem Platzlgewölbe versehen (die in den Risalit ragenden Räume waren zum Zeitpunkt der Begehung vermietet und konnten nicht besichtigt werden). Die heutige Erscheinung der Räume ist vor allem durch die Nutzung des Gebäudes als ehem. Pfarrhof geprägt und zeichnet sich durch große, Saal-artige Räume mit je 2- und 3 Fensterachsen aus. Von der historischen Ausstattung haben sich in den hofseitigen Erschließungsräumen noch der Solnhofener Kalksteinplattenboden sowie die klassizistischen Türen samt Beschlägen erhalten.


Andreas Steininger / Alarich Langendorf, "Florianihof 2" (Baubeschreibung) Wachauer Klosterhöfe Online 2023,
https://wachauer-klosterhoefe.at/klosterhof/64-florianihof-2

Bauhistorische Interpretation

Bereits 1314 erscheint in den archivalischen Quellen (s. Beiträge zur Besitzgeschichte und Ökonomie) die konkrete Nennung eines Hofes und eines Kastens, die einander gegenüberstehend zusammen als Florianer Lesehof gedient haben. Dieser Beschreibung entspricht die heutige Situation nach wie vor, wobei der hier beschriebene Bau als der zum südöstl. der Hauptstraße liegenden Kasten gehöriger Hof angesehen werden kann. Als älteste Strukturen wurden im Erd- und Kellergeschoß (Bereich des Kellerabganges, NW-Mauer des kleinen Kellerraumes sowie SW-Mauer des nordöstl. Risalits) Mauerabschnitte beobachtet, die in Bruchsteinmauerwerk mit regelmäßigen Ausgleichslagen gemauert wurden und als sog. Kompartimentmauerwerk angesprochen werden können. Durch die mit etwa 0,8 m rel. hoch reichenden Arbeitshöhen kann diese Versatzstruktur am ehesten dem 14. Jh. zugewiesen werden, was auch den ältesten beobachtbaren Strukturen am gegenüberliegenden Kastenbau entspräche. Anhand der Gewölbeformen im Keller- und Erdgeschoß lassen sich große, mehrstufige renaissancezeitliche Ausbauten im Zuge des 16. und 17. Jhs. nachvollziehen, wobei hier die Schaffung der prominenten Pfeilerhallen im Erd- und Kellergeschoß die markantesten Elemente darstellen. Ab dieser Zeit war der Höhepunkt an baulichen Investitionen überschritten, jüngere Umbauten zeigen sich in der Zeitspanne der Klosterhofnutzung bis zum Ende des 18. Jhs. am Baubestand nur noch in kleineren Bereichen – ganz im Gegensatz zu den großen Umbauten, die in just dieser Zeit am Kastenbau stattgefunden haben. Lediglich das Gewölbe des Erschließungsraumes im Obergeschoß weisen eindeutig auf hochbarocke Bautätigkeit hin. Die bis heute gut erhaltene klassizistische Ausstattung und Fassadengestaltung ist hingegen der Nutzung des Hofes als Pfarrhof, bzw. den damit einhergehenden Umbauten, vermutlich ab 1789 zuzuweisen (Rehberger et al. 2009, 168). Im 19. Jh. dürfte nach 1823 der nördl. Scheunenbau (am franziszeischen Kataster scheint dieser noch nicht auf) entstanden sein.

Wie auch beim gegenüberliegenden Bau, eignet sich das Raumgefüge aus verhältnismäßig großen Kellern und großzügigen Lagerhallen für die Vinifikation (zu deren Zweck sie heute weitgehend unverändert wieder genutzt werden), während die Konfiguration des Obergeschoßes genügend Raum für Wohn- und Verwaltungszwecke bot. Funktional erscheint der Hof Nr. 2 zum Gebäude Nr. 74 damit eher redundant als ergänzend, was weitere Fragen zur Nutzungsgeschichte der beiden Gebäude als Klosterhofensemble aufwirft.


Andreas Steininger / Alarich Langendorf, "Florianihof 2" (Bauhistorische Interpretation) Wachauer Klosterhöfe Online 2023,
https://wachauer-klosterhoefe.at/klosterhof/64-florianihof-2

Quellen und Literatur

Quellen

Die Archivsituation zu St. Florian gestaltet sich tendenziell schwierig, da das lediglich analog im StiA vorliegende Archivverzeichnis von Jodok Stülz einige Ungenauigkeiten aufweist und chronologisch geordnet ist. Die Suche gestaltet sich daher entsprechend schwierig, wodurch davon ausgegangen werden muss, dass die ausgewerteten Archivalien mit Hofbezug nicht vollständig sind. Das Archivverzeichnis enthält keine Unterscheidung zwischen kirchlichem und weltlichem Besitz, wodurch die Archivrecherche verkompliziert wird, und eine Einschätzung des Bestandsumfangs verunmöglicht. Angesichts des doch umfangreichen Besitzes St. Florians, ist ein großer Bestand zu vermuten. Bei Schiffmann finden sich Editionen für fünf Urbare, wobei das älteste aus dem Jahr 1378 stammt (vgl. Schiffmann (Hg.) 1915). Die Urkunden sind großteils über monasterium.net abrufbar, tlw. sogar inklusive Volltext.

Historische Literatur

NÖLA, FK Mappen OM 807.

NÖLA, FK Prot OM 807.

StiA St. Florian, 1314 Feb 24, online unter: monasterium.net, https://www.monasterium.net/mom/AT-StiASF/StFlorianCanReg/1314_II_24.1/charter

StiA St. Florian, 1513–1515.

StiA St. Florian, 1736 Dez 31.

 

Bundesdenkmalamt, Hg., Dehio Niederösterreich. Nördlich der Donau, Wien 1990.

Bauhistorische/archäologische Literatur

Karl Rehberger / Christiane Wunschheim / Johann Ev. Pachl, Hg., Topographia Florianensis. (1743), Linz 2009.