Klosterhöfe

Garstener Hof 1
© Andreas Steininger, 2022

Garstener Hof 1

Funktion als Klosterhof gesichert

Garstener Hof 1
© Andreas Steininger, 2022

Erhaltungszustand

Bestand erhalten

Kloster oder Institution

Zugehörigkeit:

Datierung

Historisch
1304 gesichert – 1789 angenommen
Bauhistorisch
? – ?
Die Laufzeit der klösterlichen Nutzung anhand historischer oder bauhistorischer Daten.

Zugänglichkeit

Kein Zugang

Das Objekt ist für die Öffentlichkeit nicht zugänglich

Verortung

Lagebeschreibung

Der ehem. Hof des Benediktinerstiftes Garsten (1787 säkularisiert) in Wösendorf liegt mit der Hausnr. 59 im Marktviertel, im mittleren Bereich der Kirchengasse an deren südwestl. S. Auffallend ist, dass der Hof, welcher sich 30 m südsüdwestl. der Pfarrkirche zum Hl. Florian befindet, nicht wie die anderen Häuser und Höfe der Kirchengasse traufständig unmittelbar an der Straßenflucht errichtet wurde, sondern dieser rund 10 m nach SW zurückspringt, sodass vor dem Gebäude ein kleiner Innenhof entsteht.

, "Garstener Hof 1" (Lagebeschreibung) Wachauer Klosterhöfe Online 2022,
https://wachauer-klosterhoefe.at/klosterhof/65-garstener-hof-1

Historische Daten

Besitzgeschichte

Hofbesitz des Stiftes Garsten außerhalb von Krems ist nur sehr schwer archivalisch zu fassen, der Besitz in Krems ist archivalisch besser abgedeckt. Eine Urkunde, die ca. auf das Jahr 1110 datiert wird, nennt die Güter, welche Ottokar VI., Markgraf zu Steyr, an das Kloster Garsten übergab. Darunter befanden sich 5 Weingärten in der Wachau, jedoch kein Hof (vgl. OÖLA, Urkunden Garsten, 1110). Lt. Stöger geht der Hof in Wösendorf auf eine Schenkung des Bischofs Heinrich von Freising zurück, die auf den Zeitraum zw. 1120 und 1140 zu datieren sei (vgl. Stöger 1940, S. 66). Am 29.1.1304 verzichtete Leutold von Kuenring, Schenck in Osterich, auf div. Rechte, mit Ausnahme der Blutgerichtsbarkeit, auf einem Gut in Wösendorf, einem Lehen des Klosters Garsten [datz weselndorf auf dem Aigen, des ein gantzez lehen ist vnd ist des Gotshouses von Gersten (OÖLA, Urkunden Garsten, 1304 Jän 29)], womit der Hof erneut erwähnt wird und eine weitreichende Befreiung von mehreren Abgaben erfährt. Explizit erwähnt wird der Hof erneut im Rahmen einer Urkunde, mit der die Dienstpflicht eines gegenüber dem Abt hof ze Wesendorf (OÖLA, Urkunden Garsten, 1369 Okt 28) gelegenen Weingartens in der Wachau bestätigt wurde. Aus dem Jahr 1380 ist ein weiterer Weingartenkauf des Ulrich Kumber überliefert, wobei als Verkäuferin Christein Seyfrid, Witwe des Ksolär, auftritt, die von ihrem Weingarten auch in den Garstener Hof in Wösendorf 8 Wiener Pfennig zu Burgrecht leisten musste. Interessant ist hierbei allerdings, dass als Herkunftsort des Ulrich Kumber oder Pumper Garsten genannt wird, und es findet sich der Hinweis darauf, dass der chauf ist geschehen mit des Appts willen vnd gunst (OÖLA, Urkunden Garsten, 1380 Nov 28). Warum der Garstner Abt diesen Weingartenkauf durch Ulrich Kumber begünstigte, der zudem aus Garsten stammte, lässt sich nicht beantworten. Erst am 6.4.1396 tritt das Kloster Garsten in Person des Abtes Niclas wieder als Akteur auf, indem es Otila und ihrem Sohn Jacob ihr Haus hinden an gestner hof genant in der winchel gassen (OÖLA, Urkunden Garsten, 1396 April 06) mitsamt Bergrechtsdienst nach Dürnstein in der Höhe von 12 Wiener Pfennig abkauft.

Grundsätzlich muss jedoch festgehalten werden, dass der Wösendorfer Hof im Speziellen und die Besitzungen in Wösendorf allgemein in den Archivalien zum Garstner Haus-, Hof- und Weingartenbesitz in NÖ kaum Erwähnung finden, dafür jedoch ein Haus in Nussdorf und der Hof in Krems recht häufig in den Archivalien genannt werden (vgl. OÖLA, Stiftsarchiv Garsten, Sch. 20, Fasz. 3–4). Mit Ausnahme der bereits erwähnten Urkunden wird der Hof in Wösendorf erst in neuzeitlichen Verwaltungsquellen greifbar. Interessant ist dabei, dass in Verbindung mit dem Hof in Wösendorf seltener ein Hof-, sondern eher ein als Lößmaister bez. Hofmeister (OÖLA, Stiftsarchiv Garsten, Sch. 23, Fasz. 2) in Erscheinung tritt, hier ein Hans Pichler, der am 19.10.1607 dem Stift Garsten über die Erträge der Weinlese berichtet. Einer unpublizierten Quellenarbeit zufolge blieb der Hof ungefähr bis 1789 im Besitz des Klosters, in diesem Jahr wurde er dem Kloster von Xaver Styrer abgekauft (vgl. Bauer o. J., S. 19).

 

Simon Kuhn, "Garstener Hof 1" (Besitzgeschichte) Wachauer Klosterhöfe Online 2023,
https://wachauer-klosterhoefe.at/klosterhof/65-garstener-hof-1

Gebäude und Bauhistorie

Baubeschreibung

Der Garstener Hof setzt sich aus einem nach SW zurückspringenden, wuchtigen, ca. 17 m x 14 m messenden, 2-geschoßigen, traufständigen Haupttrakt mit rezent ausgebautem Krüppelwalmdach sowie einem ebendiesen im südöstl. Bereich der Parzelle vorgelagerten, schmalen, 1-stöckigen Baukörper zusammen. Der durch den Rücksprung des Haupttrakts entstehende Bereich vor dem Gebäude wird durch eine Mauer mit Korbbogentor zw. der nordwestl. Gebäudekante des 1-stöckigen Anbaus und der nördl. gelegenen Nachbarparzelle (Wösendorf 58) zu einem ca. 60 m² großen Innenhof geschlossen. Südwestl. des Haupttraktes finden sich Wirtschaftsbauten des 20. Jhs., welche die Parzelle nach O, S und W abschließen und heute somit einen weiteren Innenhof bilden.

Die Fassaden des Haupttrakts zeigen sich schmucklos und ohne vollflächigen Verputz – der Mörtel ist modern grob angeworfen und abgekellt, wobei zahlreiche Steinköpfe sichtbar bleiben. Nach oben hin wird der Bau durch ein Gesims in Form einer breiten, glatt verputzten Hohlkehle mit Rundstab abgeschlossen. Mittig in der O-Fassade liegt ein Korbbogentor, welches eine Durchfahrt über die gesamte Breite des Gebäudes erschließt. Das Tor weist eine kleine Oberlichte auf, im 1. Obergeschoß liegen über dem Tor symmetrisch 2 von Segmentbögen entlastete Fenster. Im westl. Drittel der Fassade liegt die Fensterachse eines Stiegenaufgangs in Form einer Wendeltreppe, die bis in das Dachgeschoß reicht und dadurch 3 Fenster aufweist. Westl. dieser Fenster ist in Erd- und Obergeschoß je ein kleines Fenster zu finden, welches auf eine Abortsituation hinweist. Der östl. Teil der Fassade wird durch den 1-stöckigen Anbau verstellt.

Betritt man die Anlage durch das Tor, gelangt man in einen Raum, der von einer O-W verlaufenden Gewölbetonne überspannt ist, welche im O und W auf jeweils eine Türöffnung mit rundlich ausgeschlagener Stichkappe reagiert. Die S-S. des Raumes weist abermals ein Korbbogentor in der Dimension jenes der Fassade auf und ermöglicht so ein Durchfahren in den südl. gelegenen Raum. Die Türe im W führt zur Wendeltreppe, die eine aus Ziegel gemauerte Mittelsäule und Terrazzostufen besitzt. Die Türe im O führt in einen kleinen Vorraum und anschließend durch eine Öffnung in der N-Mauer in den im südöstl. Bereich der Parzelle situierten Anbau. Der südl. anschließende Raum ist längsrechteckig und weist im S ein von einem Segmentbogen überspanntes Tor auf, das in den heutigen südl. Innenhof führt. Er ist mit einer modernen Holzbalkendecke ausgestattet und verfügt in der O-Mauer über eine Tür zum Weinkeller, während die W-Mauer einen breiten Rundbogen aufweist, der den Raum zu einem westl. gelegenem Raum öffnet. Dieser zeigt von seiner urspr. Holzbalkendecke noch den Unterzug auf, ansonsten wurde sie gegen eine moderne Decke getauscht. Der ca. 2 m tiefer gelegene Keller, der durch die Türe in der O-Mauer betreten wird, wird von einer hohen, 3-jochigen Stichkappentonne mit 2 Gurtbögen überspannt. Im NO schließt ein kleiner Kellerraum mit einer 1-jochigen Stichkappentonne an, nordöstl. davon liegt eine Kellerröhre mit Tonnengewölbe, die durch einen von einem Segmentbogen überspannten Zugang erschlossen wird. Der Bereich unter dem südwestl. Innenhof ist modern unterkellert und ebenfalls von dem Raum mit der 3-jochigen Stichkappentonne aus begehbar.

Der 1-stöckige Anbau im NO-Bereich der Parzelle weist zur Kirchengasse eine Fassade mit doppeltem Volutenblendgiebel und 2 Fenstern auf, die wie die Hofmauer einen grün getünchten Rieselputz trägt. Die Fenster besitzen einfach profilierte Gewände, Fensterkörbe und prominente, mehrfach profilierte Verdachungen. Die Giebelmauer weist im unteren Feld mittig ein kleines Fenster auf, das zu beiden S. von einem Pilaster flankiert wird. Auf diesen Pilastern ruht ein weiteres Gesims, das eine Gliederung zum oberen Volutengiebel herstellt. Die durch ein mehrfach profiliertes Gesims vom Erdgeschoß getrennte Giebelzone ist reich dekoriert und weist u.a. Vasen- und Pyramidenaufsätze auf. Im Inneren besteht der 1-stöckige Bau aus einem Raum ohne weitere Binnengliederung.

Andreas Steininger / Alarich Langendorf, "Garstener Hof 1" (Baubeschreibung) Wachauer Klosterhöfe Online 2023,
https://wachauer-klosterhoefe.at/klosterhof/65-garstener-hof-1

Bauhistorische Interpretation

Lt. Dehio befand sich anstelle der Häuser Wösendorf 59, 60, 61 und 62 im 13. Jh. ein Frauenkloster – zu dessen exakter Lokalisierung bzw. Baugefüge liegen jedoch keine weiteren Daten vor (vgl. BDA (Hg.) 1990, S. 1306). Im Zuge der bauhistorischen Begehung konnte nicht festgestellt werden, ob in den Gebäuden des Garstener Hofes noch Fragmente einer solchen früheren Bebauung vorhanden sind. Dies liegt vor allem daran, dass in den begangenen Räumlichkeiten sowie an den Fassaden aufgrund Verputzens bzw. aktuellen Raumnutzungen keine Mauerwerksstrukturen abzulesen waren. Um der Frage einer etwaigen hochmittelalterlichen Vorgängerbebauung weiter nachzugehen, bedarf es einer tiefergreifenden, bauhistorischen Untersuchung der Bestandsgebäude. Im Zuge dieser Fragestellungen sind auch Mauerfragmente entlang der westl. Parzellengrenze im nördl. Innenhof zu beachten, die von abgekommenen Baukörpern stammen könnten und mglw. eine ehem. Verbauung bis zur Kirchengasse belegen. Am Franziszeischen Kataster (Mappenblatt von 1823; vgl. NÖLA, FK Mappe, OM 807, fol. 4) ist der Bau bereits in seiner heutigen Kubatur verzeichnet.

Das Baualter des überlieferten Baukörpers kann nur allgemein als spätmittelalterlich angegeben werden: Das im Raum westl. der Durchfahrt tlw. sichtbare Bruchsteinmauerwerk zeigt netzartiges, ausgezwickeltes Mauerwerk des 15. Jhs., eine dendrochronologische Untersuchung des erhaltenen Unterzugs der ehem. Holzbalkendecke könnte diese Datierung verfeinern. Zahlreiche nicht näher zuordenbare Baufugen und vermauerte Entlastungsbögen in selbigem Raum zeugen von zahlreichen Umbauphasen. Die Nutzung des durch einen großen Rundbogen zur Durchfahrt erschlossenen Raumes im Baugefüge gegenüber dem Keller legt eine Interpretation als Pressraum nahe, die auch in der Hausgeschichte tradiert wird. Der hohe Kellerraum mit der Stichkappentonne dürfte samt nordöstl. anschließendem, kleineren Raum mit Kreuzgratgewölbe im 16./17. Jh. entstanden sein, die Kellerröhre stammt aus dem 18./19. Jh. Die prägnante Durchfahrt in der Mittelachse des Haupttrakts dürfte, so belegen es Ausbesserungen im Mauerwerk um die Ziegel-Entlastungsbögen, sekundär geschaffen worden sein. Im späten 18./frühen 19. Jh. erfolgte der 1-stöckige Anbau im nordöstl. Bereich der Parzelle, welcher den östl. Teil der Fassade des Haupttrakts verstellt und mit einer äußerst dekorativen Fassade samt doppeltem Volutenblendgiebel ausgestattet wurde. Im 20. Jh. wurden die Fenster des Stiegenhauses der Wendeltreppe ausgebrochen und durch neue ersetzt sowie die ehem. hölzernen Stufen durch Terrazzostufen ersetzt. Auch die Fenster in der westl. Giebelmauer des Haupttrakts wurden ausgebrochen, ebenso erfolgte eine Unterkellerung des heutigen Bereichs des südl. Innenhofes. Die Holzbalkendecke im Bereich der Durchfahrt des Haupttrakts wurde durch eine neue ersetzt, im westl. davon gelegenen Raum wurde eine neue Decke installiert und lediglich der Unterzug belassen. Wie der Abgleich mit einer alten am Hof verwahrten Fotografie zeigt, wurden auch an der Hofmauer und dem Tor zur Kirchengasse Adaptierungen vorgenommen.

Obwohl die Baugeschichte des Garstener Hofes bis dato nur in groben Zügen nachgezeichnet werden kann, stellt dieser ein gut erhaltenes Beispiel eines klösterlichen Hofes in der Wachau dar. Die zum Hof vorliegenden Forschungsdesiderate werden durch die gut nachvollziehbare wirtschaftliche Nutzung des Erdgeschoßes zu Vinifikations- und Lagerungszwecken kompensiert.

Andreas Steininger / Alarich Langendorf, "Garstener Hof 1" (Bauhistorische Interpretation) Wachauer Klosterhöfe Online 2023,
https://wachauer-klosterhoefe.at/klosterhof/65-garstener-hof-1

Quellen und Literatur

Quellen

Die Quellenbasis ist für Garsten generell recht gut. Allerdings lassen sich die Besitzungen in Wösendorf nur sehr selten ausfindig machen, und wenn, dann nur für die Neuzeit. Der Bestand „Stiftsarchiv Garsten“ des OÖLA ist jedoch sehr gut erschlossen, zudem gibt es mehrere Bände mit dem Titel „Verpachtungen, Güter in NÖ, Weingärten“, die jedoch auch dem obig geschilderten Problem unterliegen. Besonders häufig werden in den Quellen die Höfe in Krems und Nussdorf behandelt, von denen auch 3 Inventare aus dem 16., 17. und 18. Jh. erhalten sind (vgl. OÖLA, Stiftsarchiv Garsten, Sch. 21, Fasz. 3).

Historische Literatur

NÖLA, FK Mappe, OM 807.

OÖLA, Stiftsarchiv Garsten, Verpachtungen, Güter in Niederösterreich, Weingärten 1374-1761, Sch. 20, Fasz. 3-4.

OÖLA, Stiftsarchiv Garsten, Verpachtungen, Güter in Niederösterreich, Weingärten 1374-1761, Sch. 21, Fasz. 3.

OÖLA, Stiftsarchiv Garsten, Güter in Niederösterreich, Weingärten 1517-1722, Sch. 23, Fasz. 2.

OÖLA, Urkunden Garsten, 1110, online unter: monasterium.net, https://www.monasterium.net/mom/AT-OOeLA/GarstenOSB/1110/charter

OÖLA, Urkunden Garsten, 1304 Jän 29, online unter: monasterium.net, https://www.monasterium.net/mom/AT-OOeLA/GarstenOSB/1304I29/charter?q

OÖLA, Urkunden Garsten, 1369 Okt 28, online unter: monasterium.net, https://www.monasterium.net/mom/AT-OOeLA/GarstenOSB/1369X28/charter?q

OÖLA, Urkunden Garsten, 1380 Nov 28, online unter: monasterium.net, https://www.monasterium.net/mom/AT-OOeLA/GarstenOSB/1380XI28/charter?q

OÖLA, Urkunden Garsten, 1396 April 06, online unter: monasterium.net, https://www.monasterium.net/mom/AT-OOeLA/GarstenOSB/1396IV06/charter?q


Martin Bauer, Höfe auswärtiger Besitzer, o. O. o. J. (unveröffentlichte Sammlung).

Gottfried Stöger, Beiträge zur Geschichte der Besitzverhältnisse in der Wachau unter besonderer Berücksichtigung des geistlichen Besitzes, phil. Dissertation, Universität Wien 1940.

Bauhistorische/archäologische Literatur

NÖLA, FK Mappe, OM 807.


Bundesdenkmalamt, Hg., Dehio Niederösterreich. Nördlich der Donau, Wien 1990.