Klosterhöfe

Tegernseer Hof

Funktion als Klosterhof gesichert

Erhaltungszustand

Bestand erhalten

Kloster oder Institution

Zugehörigkeit:

Datierung

Historisch
1002 angenommen – ?
Bauhistorisch
? – ?
Die Laufzeit der klösterlichen Nutzung anhand historischer oder bauhistorischer Daten.

Zugänglichkeit

Kein Zugang

Das Objekt ist für die Öffentlichkeit nicht zugänglich

Verortung

Lagebeschreibung

Der ehem. Hof des bayrischen Benediktinerklosters Tegernsee (1803 säkularisiert) in Unterloiben liegt ca. 200 m nordöstl. der Pfarrkirche zum Hl. Quirinus von Tegernsee ca. in der Mitte der langgezogenen, parallel zur Donau verlaufenden Gasse an jener Stelle, an der diese die Gasse vom Loibenberg kreuzt. Diese Position verschafft dem Hof im Ortsbild eine prominente Lage, besonders deshalb, da seine Torfront im Kreuzungsbereich abgeschrägt ist und so ein kleiner, platzähnlicher Bereich im ansonsten dicht verbauten Ortsverband entsteht.

Alarich Langendorf / Andreas Steininger, "Tegernseer Hof" (Lagebeschreibung) Wachauer Klosterhöfe Online 2022,
https://wachauer-klosterhoefe.at/klosterhof/66-tegernseer-hof

Historische Daten

Besitzgeschichte

Tegernseer Besitz in Unterloiben kann archivalisch erstmals anhand einer Schenkungsurkunde König Heinrichs II. aus dem Jahr 1002/1009 nachgewiesen werden (vgl. Weber 1999, S. 253). Allerdings ist mit Weissensteiner davon auszugehen, dass der Besitz in Unterloiben bereits seit der Karolingerzeit bestand (vgl. Weissensteiner 1983, S. 145). Somit wäre die Schenkung König Heinrichs vom Beginn des 11. Jhs. als eine Ergänzung zum bereits bestehenden Besitz aus der Karolingerzeit zu verstehen (vgl. Weber 1999, S. 253). Eine undatierte Kopie eines Spruchbriefes des Leutold von Kuenring aus dem Jahr 1201 hält das hiermit verliehene Recht des Klosters fest, in den Tegernseeischen Besitzungen Unterloibens durch die Tegernseeischen Amtleute auf den zugehörigen Gütern die niedere Gerichtsbarkeit auszuüben (vgl. BayHStA, KL Tegernsee 153, S. 101f.). Dieser Spruchbrief wurde 1357 durch Herzog Albrecht von Österr. bestätigt, zumindest legt dies eine undatierte Kopie dieser Urkunde nahe (vgl. BayHStA, KL Tegernsee 153, S. 103).

Ein Verzeichnis sämtlicher Weingärten in Unterloiben 1411 bis 1412 aus eben diesem Kopialbuch (vgl. BayHStA, KL Tegernsee 153) enthält auch Angaben zu den Einnahmen aus den Burgrechtsdiensten, geleistet an den Hof in Unterloiben (vgl. BayHStA, KL Tegernsee 153, S. 212–216). Der Hof wird außerdem in einem Urbar von 1427 erwähnt, dort allerdings als Amtshof bzw. Ampthof bez. (BayHStA, KL Tegernsee 11, fol. 338; zitiert nach Weber 1999, S. 388). Zudem scheint dieser Amtshof zentral im Ort, in der Nähe der Kirche gelegen zu haben (vgl. Weber 1999, S. 278), womit fraglich ist, ob die Adresse Unterloiben 12 zutrifft, da diese ca. 200 m von der Kirche entfernt liegt. Es könnte sich bei dem Hof unter dieser Adresse eventuell auch um einen der beiden 1471 und 1472 zugekauften Lehen handeln, die jeweils u.a. einen Hof oder ein Haus enthielten und mehrere Gärten umfassten (vgl. Weber 1999, S. 279f.). Lt. FK entspräche diese Adresse dem Grundstück Nr. 14, bei dem sich 1823 folgender Eintrag findet: Grafin Kath: (NÖLA, FK Prot OM 082, Fol. 10). Wie lange der Hof im Besitz des Klosters Tegernsee war, kann aufgrund der schlechten Quellenlage vorläufig nicht beantwortet werden. Allerdings kann ausgeschlossen werden, dass der Hof bis 1823 im Besitz des Klosters Tegernsee war, da das Kloster in den Parzellenprotokollen des FK in ganz Unterloiben nicht als Haus- oder Grundbesitzer auftritt (vgl. NÖLA, FK Prot OM 082, fol. 10-12).

Simon Kuhn, "Tegernseer Hof" (Besitzgeschichte) Wachauer Klosterhöfe Online 2023,
https://wachauer-klosterhoefe.at/klosterhof/66-tegernseer-hof

Wirtschaftsgeschichte

Da es sich bei diesem Hof womöglich um einen Amtshof gehandelt haben dürfte – sofern dies nicht einer der beiden Lehenhöfe ist –, bleibt zu hinterfragen, welche Funktion der Hof in wirtschaftlicher Hinsicht innehatte bzw. ob diese überhaupt gegeben war. Letzteres kann angenommen werden, denn in der spätmittelalterlichen Ausgabenrechnung des Tegernseer Lesemeisters von 1447 notierte dieser die Bezahlung der Presser in Loiben (vgl. BayHStA, KL Tegernsee 155, fol. 17r; zitiert nach Weber 1999, S. 402). Damit kann davon ausgegangen werden, dass der Hof durchaus auch eine wirtschaftliche Funktion innehatte. Dem stimmt auch Weber zu, der den Hof, besonders während der Weinlesezeit, als Zentrum des „Wirtschaftsbetriebes“ Tegernsees in der Wachau beschreibt. Der Hof war demnach nicht nur Wohn- und Wirtschaftshof, sondern in dieser Zeit auch Herberge des Lesemeisters und seines Gefolges, wofür 14 Betten bereitgestellt wurden. Die Rolle des Hofmeisters beschreibt Weber als sehr vielfältig, so war er Stellvertreter des Tegernseer Abtes als Gerichtsherr in Unterloiben, hatte als Bergmeister die Oberaufsicht über sämtliche Weingärten, und rekrutierte sich bereits im 15. Jh. nicht mehr aus dem Konvent (vgl. Weber 1999, S. 278f.).

Simon Kuhn, "Tegernseer Hof" (Wirtschaftsgeschichte) Wachauer Klosterhöfe Online 2023,
https://wachauer-klosterhoefe.at/klosterhof/66-tegernseer-hof

Gebäude und Bauhistorie

Baubeschreibung

Die Baubeschreibung des Tegernseer Hofes basiert auf Sichtungen der öffentlich einsehbaren Gebäudeteile (wie der straßenseitigen Fassade) und allgemein zugänglichem Karten- und Bildmaterial sowie Sekundärliteratur. Eine Begehung bzw. Besichtigung des Objekts im Rahmen des Projekts fand bis dato nicht statt.

Beim Tegernseer Hof handelt es sich um einen L-förmigen Baukörper mit einem schmalen Trakt zur Straße und einem ca. 30 m x 10 m messenden N-S orientierten Trakt im W, der über die gesamte Länge der Parzelle verläuft. Östl. an die Straßenfront angebaut liegt ein kleiner, schräg gestellter, 1-stöckiger Anbau mit Walmdach und Strebepfeilern auf der Straßenseite, im NO ist eine moderne Garage situiert – der Hof wird durch eine Mauer zw. ebendiesen Bauten geschlossen, ein rundbogiges Tor ist ebenso abgeschrägt ausgeführt, um die Kreuzungssituation in den engen Gassen zu entschärfen.

Der L-förmige Baukörper ist 2-stöckig und weist ein Walmdach auf, an der O-Fassade zum Innenhof liegt im S ein Stiegenhaus, nördl. davon befindet sich ein Arkadengang, der das obere Stockwerk erschließt. Die straßenseitige Fassade ist stark gekrümmt, glatt verputzt und lachsfarben getüncht. Als Gliederungselemente treten ein glattes Geschoßband, ein einfach gekehltes Gesims sowie glatt verputzte Faschen an den Gebäudeecken auf. Die O-Fassade des L-förmigen Baukörpers, die durch den Anbau tlw. verstellt ist, zeigt unter dem Gesims eine breite, glatte sowie daran anschließend eine weitere, vertikale Fasche.

Das Erdgeschoß der straßenseitigen Fassade weist im östl. Drittel eine Türe mit rezentem Segmentbogengewände sowie westl. davon eine moderne 3er-Fenstergruppe mit Werksteingewände auf. Im westl. Fassadenbereich ist ein spätgotisches Kielbogen-Dreipassfenster verbaut. Das Obergeschoß weist 6 Fenster mit modernem, einfach profiliertem Werksteingewände und gekehlter Sohlbank auf. Im westl. Bereich des Obergeschoßes ist fragmentiert ein Fresko erhalten, welches den Hl. Christophorus zeigt. Zusätzlich ist in diesem Ausschnitt eine ältere Eckgestaltung der Fassade in Form von 3-dimensionalen Rauten zu erkennen.

Andreas Steininger / Alarich Langendorf, "Tegernseer Hof" (Baubeschreibung) Wachauer Klosterhöfe Online 2023,
https://wachauer-klosterhoefe.at/klosterhof/66-tegernseer-hof

Bauhistorische Interpretation

Das kunsthistorisch um 1400 zu datierende Fresko des Hl. Christophorus an der S-Fassade bezeugt, dass es sich beim Tegernseer Hof um ein mittelalterliches Gebäude handelt, das mehrfach umgebaut und umgestaltet wurde. Ohne tiefgreifendere bauhistorische Untersuchungen ist eine Umgestaltung zu Beginn des 16. Jhs. fassbar, als das Kielbogenfenster versetzt und die Eckgestaltung in Form von Rauten ausgeführt wurde – die Wahl dieses repräsentativen und kostspieligen Fenstertyps sowie der aufwändigen Fassadengestaltung zeugt vom Selbstverständnis des damaligen Bauherrn. Eine weitere Umbauphase unbekannten Ausmaßes ist am Kamin, der mit der Jahreszahl 1629 beschrieben ist (lt. Dehio 1689; vgl. BDA (Hg.) 1990, S. 1199), abzulesen. Als Mahnmal an die Schlacht von Dürnstein ist in der O-Fassade des L-förmigen Baukörpers eine Kanonenkugel eingelassen, welche mit der Jahreszahl 1805 beschriftet ist – ob der Hof im Zuge dieser Kriegshandlungen baulichen Schaden genommen hat, kann nicht nachvollzogen werden. Im 19. Jh. erfolgte der kleine Anbau östl. an den Kernbau – der Franziszeische Kataster (Mappenblatt von 1823; vgl. NÖLA FK Mappen OM 082, fol. 11) zeigt die Anlage noch ohne diesen. Der Anbau mit den straßenseitigen Strebepfeilern, die ein Gewölbe im Innenraum implizieren, verstellt 2 Fenster der O-Fassade des L-förmigen Kernbaus. Im NO-Bereich, wo heute eine moderne Garage situiert ist, ist am Franziszeischen Kataster ein Garten verzeichnet.

Über die spezifische Funktion des Gebäudes als Hof des Klosters Tegernsee können ohne tiefergreifende bauhistorische Untersuchungen bis auf die Tatsache, dass es sich seit dem Mittelalter um einen wohlhabenden und baulich gut ausgestatteten Hof zu handeln scheint, keine Aussagen getätigt werden.

Andreas Steininger / Alarich Langendorf, "Tegernseer Hof" (Bauhistorische Interpretation) Wachauer Klosterhöfe Online 2023,
https://wachauer-klosterhoefe.at/klosterhof/66-tegernseer-hof

Quellen und Literatur

Quellen

Die Quellenlage ist für Tegernsee tendenziell als schwierig zu bezeichnen, da sich in den Findbüchern keine eigenen Verzeichnungseinheiten für die Besitzungen in Österr. oder die auswärtigen allgemein ausfindig machen lassen und damit deutlich genauere und tiefgreifendere Archivstudien nötig wären, um etwaige versteckte relevante Bestände ausfindig zu machen. Hier sei vor allem an Verwaltungsarchivalien gedacht – beispielsweise Handwerker- und Baurechnungen, Bestellungsverhandlungen, usw. –, die oftmals einen tieferen Einblick in die Beschaffenheit des Hofes zulassen, als dies über Urbare oder Leibgedingsbriefe möglich ist. Zu erwähnen sei außerdem das Werk von Weber, in dessen Anhang sich mehrere Auszüge edierter Urbare (vgl. BayHStA, KL Tegernsee 3, 4, 10 und 11; zitiert nach Weber 1999, S. 384-395), eines Weistums (vgl. BayHStA, KL Tegernsee 11, fol. 353–360; zitiert nach Weber 1999, S. 388–392) und ein Auszug aus der bereits zitierten Ausgabenrechnung des Tegernseer Lesemeisters (vgl. BayHStA, KL Tegernsee 155; zitiert nach Weber 1999, S. 399–409).

Historische Literatur

BayHStA, KL Tegernsee 11.

BayHStA, KL Tegernsee 153.

BayHStA, KL Tegernsee 155.

NÖLA, FK Prot OM 082.

Andreas Otto Weber, Studien zum Weinbau der Altbayerischen Klöster im Mittelalter. Altbayern – Österreichischer Donauraum – Südtirol, Stuttgart 1999. Johann Weissensteiner, Tegernsee, die Bayern und Österreich. Studien zu Tegernseer Geschichtsquellen und der bayerischen Stammessage, Wien 1983.

Bauhistorische/archäologische Literatur

NÖLA FK Mappen OM 082.


Bundesdenkmalamt, Hg., Dehio Niederösterreich. Nördlich der Donau, Wien 1990.