Klosterhöfe

Passauer Hof 2, Herrenchiemseer Hof 1

Funktion als Klosterhof unsicher

Die Funktion als Klosterhof konnte bislang nicht gesichert nachgewiesen werden, geht aber aus den Quellen indirekt hervor.

Erhaltungszustand

Bestand erhalten

Kloster oder Institution

Zugehörigkeit:
Jeder Hof kann eine oder mehrere (zeitlich aufeinanderfolgende) Zugehörigkeiten zu einer klösterlichen Institution aufweisen.

Datierung

Historisch
1421 gesichert – 1806 gesichert
Bauhistorisch
? – ?
Die Laufzeit der klösterlichen Nutzung anhand historischer oder bauhistorischer Daten.

Zugänglichkeit

Kein Zugang

Das Objekt ist für die Öffentlichkeit nicht zugänglich

Verortung

Lagebeschreibung

Der ehemals im Besitz des Bistum Passau und in weiterer Folge des Klosters Chiemsee befindliche Straubenhof erstreckt sich im Zentrum der Kremser Altstadt an der Ecke zwischen Juden- und Dachsberggasse und fügt sich damit zwischen den ehem. Salzburger Hof, Täglicher Markt 8, und dem Baumgartenberger Hof (beide sind heute zur Gänze abgekommen) in eine Achse von drei dicht aneinander liegenden Klosterhofanlagen.  

Alarich Langendorf / Andreas Steininger, "Passauer Hof 2, Herrenchiemseer Hof 1" (Lagebeschreibung) Wachauer Klosterhöfe Online 2023,
https://wachauer-klosterhoefe.at/klosterhof/69-passauer-hof-2-herrenchiemseer-hof-1

Historische Daten

Besitzgeschichte

Ab der M. d. 15. Jhs. befand sich der sog. Langhof im Besitz des Stiftes Herrenchiemsee. Bereits 1368 wurde der spätere Hof des Stiftes Herrenchiemsee als Langhof im Besitz von Jan dem Rotter urk. erwähnt ([...] in dem Langen hofe und leit zenegst Nachim dez Juden haws. DASP, 1368 Feb 11). Im Urbar der Pfarre Krems, das um 1381/86 angelegt wurde, ist er als in jüdischem Besitz befindlich bez. (Ebner 1965, Nr. 294). Nach der Vertreibung der Juden 1421 übergab Herzog Albrecht V. den Hof an den Bischof v. Passau. Der Hof wird 1429 (HHStA, AUR 1429 Jan 24) und 1437 als Passauer Hof genannt (StaA Krems, 1437 Aug 4).

1443 schenkte Bischof Leonhard v. Passau dem Kloster Herrenchiemsee den Hof, der sich in Krems zw. den Höfen des Klosters Baumgartenberg und des Stiftes St. Peter in Salzburg befand ([…] an der obristen Seiten neben Paumgarten Hof, und an der andern an des Abbts Hof von sand Peter ze Salzburg gelegen […]; BAW (Hg.) 1764, S. 416, Nr. 39; Starzer 1903, S. 480). Um 1520 musste sich der Hof in sehr desolatem Zustand befunden haben, denn der Rat der Stadt Krems forderte den Propst auf, diesen wieder instand zu setzen (StaA Krems, 1520 März 12; StaA Krems, IGB 3, S. 299). Ab 1569 verwaltete der Kremser Bürger Georg Straub (gest. 1595, Untere Landstraße 52) die Güter des Stiftes (Schuster 1963, S. 238). Noch 1609 wurde der Hof als der Frau Straubin Hof bez. (StaA Krems, TP 9, fol. 584v).

Nach der Sequestrierung der bayrischen Klöster im Jahr 1805 wurde der Hof 1806 vom k.k. nö. Cameralfond durch Verordnung öffentlich versteigert und um 4.190 Gulden von Joseph Krippl erworben (HHStA, GB Burghof 1640, fol. 18r; NÖLA Gültb. 63, fol. 83v; Starzer 1903, S. 480).

Helga Schönfellner-Lechner, "Passauer Hof 2, Herrenchiemseer Hof 1" (Besitzgeschichte) Wachauer Klosterhöfe Online 2023,
https://wachauer-klosterhoefe.at/klosterhof/69-passauer-hof-2-herrenchiemseer-hof-1

Gebäude und Bauhistorie

Baubeschreibung

Trotz der in diesem Bereich der Innenstadt umfassenden Abriss- und Umbautätigkeit der 2. H. d. 20. Jhs. hat sich die Kubatur des Hofgefüges in großen Teilen erhalten: Der Bestand gliedert sich heute in einen entlang der Dachsberggase verlaufenden, 12 Fensterachsen langen sowie 2 Achsen breiten W-Trakt und einen direkt daran anschließenden, dem Verlauf der Judengasse folgenden N-Trakt, dessen Baugefüge sich nach O bis zur heutigen Raiffeisengasse zieht. Die durchgehend zweigeschoßige Anlage umschließt damit hakenförmig einen ca. 30 x 30 m großen unregelmäßigen Hofbereich, der nach S von den Objekten Herzogstraße 4, 6 und 7 begrenzt wird. Dies entspricht weitgehend dem am Franziszeischen Kataster von 1822 erkennbaren Bestand, wobei in der SW-Ecke der Anlage ein weiterer, wohl ebenfalls zweigeschoßiger, W/O-orientierter Trakt in das Hofgefüge geragt haben dürfte. Vor dem vollständigen Abriss des Salzburgerhofes und der Schaffung der Raiffeisengasse im Jahr 1973 ging das nach O offene Gefüge des Straubenhofes direkt in jenes des Salzburger Hofes über und vermittelte damit den Eindruck eines bemerkenswert geschlossenen Hofensembles zwischen Dachsberggasse und Täglichem Markt, das von der südl. abschließenden Grenzmauer des Salzburger Hofes und eine vermeintlich fehlende klare Trennung der beiden Hofbereiche noch verstärkt wurde. Die direkte bauliche Verbindung der beiden Höfe zeigt sich heute an der O-Seite des Straubenhof-N-Traktes, wo Abbruchspuren der sich östl. fortsetzenden Flucht in Form von Gewölbeabdrücken im Obergeschoß noch deutlich zu sehen sind.

Die N-Seite des Hofes lässt zur Judengasse hin eine über beide Trakte laufende repräsentative Fassadengliederung mit Rustika-Quaderung über einer einfach gebänderten Sockelzone im Erdgeschoss sowie glattverputzter Nullfläche im Obergeschoß erkennen. Darüber wurde die Ebene des Schüttbodens durch ein trennendes Kordongesimse und durchgehende Putzquaderfelder akzentuiert, die wiederum von einem doppelt profilierten Gesimse zur Traufe hin abgeschlossen sind. Während die Fenster des Erdgeschoßes lediglich einfache Faschen zeigen, weisen die Obergeschoßfenster abgetreppte Rahmungen, profilierte gerade Verdachungen sowie leicht gekehlte Sohlbänke auf Scheinkonsolen auf. Das in der dritten Achse von W sich befindliche Rundbogenportal ist durch eine breite Fase, Keilsteinabschluss und seitlichen Kämpfern charakterisiert. Über den einfachen Rahmungen in den Eckfeldern ist der gerahmte Schriftzug „Straubenhof“ aufgeputzt zu lesen. Der Torbereich wird durch ein Doppelfenster und flankierende Lisenen mit Putzfeldern weiter hervorgehoben. Im Kontrast zu dieser Gestaltung steht die heute schlichte W-Fassade der Anlage, die lediglich über eine glatte Fassade mit rezenter Steinsockelzone und einfach gekehlter Gesimszone verfügt.

Der N-Trakt gliedert sich in einen im W liegenden, vierachsigen Zwischenbau und einem sich östl. daran anschließenden, nach S auskragenden vierachsigen Baukörper. Beide waren im Zuge der Begehungen nur in Teilen zugänglich. Das Erdgeschoß des W-Teiles bildet die Einfahrt, deren weit gespanntes Tonnengewölbe Stichkappenformen des 16. bzw. 17. Jh. aufweist, wobei sekundär ausgeschlagene Kappen im südlichsten Joch gemeinsam mit breiten Gurtbögen auf Umgestaltungen im 19. Jh. hindeuten. Von der Einfahrt gelangt man in einen entlang der S-Seite des Traktes, beide Bauelemente verbindenden Flur, über den wiederum der Keller und die Treppe in das Obergeschoß zu erreichen ist. Sowohl Erd- als auch Obergeschoß weisen eine kleinteilige Binnenverbauung mit nur tlw. erhaltenen Tür- und Fensterelementen auf, die der 1. H. d. 19. Jh. zuzuweisen sind. In den Gangbereichen haben sich weiters historische Böden in Form von Solnhofener Platten- und Holzdielenböden erhalten.

Der westl. Teil des östl. N-Traktgebäudes ist mit einem Raum unterkellert, der eine dem 19. Jh. zuweisbare Ziegeltonne über Bruchsteinmauerfragmenten an der N-Mauer aufweist. Letztere scheint in den sichtbaren Abschnitten nahezu strukturlos mit Ansätzen zur Netztechnik versetzt worden zu sein und lässt eine Entstehung nur mit Vorbehalten frühestens ab der 2. H. des 15. Jh. vermuten.

Der ebenfalls nur in Teilen des Erdgeschoßes sowie dem Dachgeschoß begangene W-Trakt fügt sich aus zwei weiteren Bauelementen im N und S zusammen, deren leicht abweichende Baufluchten auch über einen deutlichen Knick im westl. Fassadenverlauf sowie unterschiedliche Geschoßniveaus zu erkennen sind. Die begangenen Erdgeschoßräumlichkeiten weisen durchgehend Tonnengewölbe mit wohl renaissancezeitlichen Stichkappen auf, das gesamte Raumgefüge wurde allerdings erst kürzlich für Wohnzwecke umgebaut, womit sich hier keine eingehenderen Aussagen treffen lassen.

Für den im N-Teil des W-Traktes zugänglichen Kellerraum konnte neben Ziegelgewölben vermutl. des 17. Jh. auch in Teilen freiliegendes, mehrphasiges Bruchsteinmauerwerk festgestellt werden, dessen älteste Elemente nur allgemein dem ausgehenden Spätmittelalter zuzuordnen sind. Dazu passt ein an der S-Mauer des Raumes befindliches, rezent vermauertes spitzbogiges Sandsteingewände. Als stratigraphisch jüngstes Element zeigt sich im Keller des Westtraktes eine unter die Einfahrt getriebene, schmale und niedrige, nach O ziehende Kellerröhre, die an ihrem O-Ende einen etwa 1,8 x 4 m messenden Raum mündet.

Im Dachgeschoß des W-Traktes sind entlang der O-Mauer die vermauerten, ehem. oberen Abschlüsse der Fensterlaibungen des Obergeschoßes zu erkennen, was gemeinsam mit den noch erhaltenen Balkenauflagen belegt, dass die Geschoßebenen ursprünglich höher (vermutlich auf einer Ebene mit dem nördl. Traktteil) lagen und zu einem unbekannten Zeitpunkt abgetieft wurden, wodurch vor allem im Dachgeschoß mehr Raum geschaffen wurde. Zu dieser Maßnahme würde die an der hofseitigen Mauer geschaffene, das ältere Gesimse schneidende Ladeöffnung passen. Das im Dachgeschoß des W-Traktes erkennbare Mauerwerk zeigt in Netztechnik versetztes Mischmauerwerk, das sich ohne weitere Untersuchungen nur allgemein als neuzeitlich ansprechen lässt.  

Im Außenbereich der NW-Ecke des Hofes weist der W-Trakt am Übergang zum N-Trakt einen auffälligen, weil sich umständlich in die Baukubatur drängenden Holzgang mit anschließender Treppe auf, der, in die O-Fassade hineinversetzt, von einem hohen Bogen überspannt wird. Ohne dieses Baugefüge innen besichtigt zu haben, scheint hier ein im nördl. W-Trakt befindliches Zwischengeschoß mit dem höherliegenden Obergeschoß des N-Traktes, sowie einem an die O-Mauer des W-Traktes angebauten Abortturm erschlossen worden zu sein. Diese für neuzeitliche Bauten eher eigentümliche Lösung könnte aus Resten eines älteren Erschließungssystems hervorgegangen sein.

Neben dem hier situierten Exemplar hat sich im hofseitigen Versprung zwischen den beiden Gebäudeteilen des Nordtraktes ein weiterer Abortturm erhalten. Beide Aborte wurden für die moderne Wohnnutzung zur Gänze umgestaltet.


Alarich Langendorf / Andreas Steininger, "Passauer Hof 2, Herrenchiemseer Hof 1" (Baubeschreibung) Wachauer Klosterhöfe Online 2023,
https://wachauer-klosterhoefe.at/klosterhof/69-passauer-hof-2-herrenchiemseer-hof-1

Bauhistorische Interpretation

Die für den Straubenhof älteste feststellbare Bausubstanz bilden stark überbaute Mauerfragmente in den Kellerräumen, welche bislang nur allgemein als spätmittelalterlich angesprochen werden können. Den archivalisch im 14. Jh. greifbaren (Vorgänger-)Phasen des Gebäudes lassen sich ohne eingehendere Untersuchungen keine Strukturen eindeutig zuordnen. Stattdessen zeichnet sich allgemein das Bild einer spätestens ab dem 16. Jh. im Baugefüge erkennbaren Hofanlage ab, die sich aus bis zu fünf Baukörpern unterschiedlicher Flucht und Ausprägung entwickelt haben dürfte. Über die Fassade und einzelne Gewölbemerkmale lassen sich Ausbauphasen vor allem im 16., 17. und 19. Jh. (letztere wohl nach der klösterlichen Nutzung) wahrscheinlich machen. Eine in der Einfahrt wohl sekundär vermauerter Wappenstein mit der Inschrift


RUPERTUS.D.C.PRA POSI

TUS ET ARCHIDIACONUS

NATUS CATHEDRALISE.

CLESAE CHIEMENSIS E

BELLI RUINIS EREXIT.A:

1654.

 

nennt das Jahr 1654, in dem der Herrenchiemseer Probst und Archidiakon Rupert Koge (dessen Wappen auch dargestellt ist) das Gebäude BELLI RUINIS also auf Kriegsruinen neu errichtet haben soll (Englisch 1998, 35). 

Bereits die Größe des Hofes und das Vorhandensein von verhältnismäßig kleinen, wenngleich sukzessive vergrößerten Kelleranlagen sowie gewisse Lagermöglichkeiten in den (verhältnismäßig kleinen) Erdgeschoßräumen attestieren der Anlage durchaus eine Tauglichkeit zur wirtschaftlichen Nutzung, als eindeutige Hinweise auf eine hier stattfindende Vinifikation können sie allerdings nicht interpretiert werden. Das für die Geschichte der Kremser Lesehöfe interessanteste Merkmal bildet bis zum Vorliegen intensiverer Bauuntersuchungen das geschlossene Hofgefüge mit dem benachbarten Salzburger Hof und die damit bestehende Möglichkeit eines engen wirtschaftlichen Austauschs. Den Abbrüchen des 20. Jh. ist es zu verdanken, dass eine solche nur noch über archivalische oder bodenarchäologische Quellen überprüft werden kann.


Alarich Langendorf / Andreas Steininger, "Passauer Hof 2, Herrenchiemseer Hof 1" (Bauhistorische Interpretation) Wachauer Klosterhöfe Online 2023,
https://wachauer-klosterhoefe.at/klosterhof/69-passauer-hof-2-herrenchiemseer-hof-1

Quellen und Literatur

Quellen

Der Bestand des Klosters Herrenchiemsee erweist sich für die Besitzungen in Krems als relativ umfangreich, wenn auch keine eigene Verzeichnungseinheit für diese Besitzungen existiert und sich die entsprechenden Archivalien großteils auf das 18. Jh. beschränken. Zu erwähnen wäre hier die Nr. 76, die Archivalien zum Weingut in Krems, die die leibrechtsmäßige Verleihung und genauere Beschreibungen der dazugehörigen Gründe umfassen (vgl. BayHStA, KL Herrenchiemsee 76). Nr. 77 enthält Archivalien zur Erbauung des Kremser Hofes, Wasserbauten und Vermarkungen (vgl. BayHStA, KL Herrenchiemsee 77). Potenziell relevant sind auch die 4 weiteren Nrn. (vgl. BayHStA, KL Herrenchiemsee 78–81).

Historische Literatur

Bayerische Akademie der Wissenschaften, Hg., Monumenta Boica, Bd. 2, München 1764.

DASP, 1368 Feb 11.

HHStA, Schlossarchiv Grafenegg, Bücher Nr. 79, GB Burghof 1640.

NÖLA, Gültbuch 63, Gültbuch über die reluierten frei- und dienstbaren Höfe von Anno militari 1756 anfangend.

StaA Krems, 1520 März 12.

StaA Krems, Ingedenkbuch der landesfürstlichen Städte Krems und Stein, Bd. 3

StaA Krems,Testaments-Protokoll 9.


Herwig Ebner, Ein Urbar der Pfarre Krems aus dem 14. Jahrhundert, in: Mitteilungen des Kremser Stadtarchivs 5 (1965), S. 1-122.

Erika Schuster, Die geistlichen Grundherren im mittelalterlichen Krems, phil. Diss., Wien 1963.

Albert Starzer, Krems, in: Verein für Landeskunde von Niederösterreich, Hg., Topographie von Niederösterreich, Bd. 5, Wien 1903, S. 429-484.